Omikron und Nuvaxovid

Novavax: Folgen der fehlenden zellulären Immunantwort Alexandra Negt, 03.02.2022 12:33 Uhr

Der proteinbasierte Impfstoff von Novavax kommt nicht ohne Adjuvantien aus. Foto: rarrarorro/Shutterstock.com
Berlin - 

Im Februar sollen die ersten Dosen des proteinbasierten Impfstoffes Nuvaxovid (Novavax) ausgeliefert werden. Zahlreiche Bürger:innen, die bislang noch nicht geimpft sind, haben auf den vermeintlichen Totimpfstoff gewartet. Dabei handelt es sich bei Nuvaxovid nicht um klassisches Vakzin mit abgetöteten Viren. Dazu kommt eine verminderte Wirksamkeit gegenüber Omikron aufgrund der fehlenden zellulären Immunantwort.

Ende Februar soll Nuvaxovid verfügbar sein. Der proteinbasierte Impfstoff könnte für Skeptiker eine Alternative sein, weil er auf einer anderen Technologie basiert als die bisher verfügbaren Corona-Präparate. Dabei zählt das Vakzin nur vermeintlich zu den „klassischen“ Totimpfstoffen. Die Antigene werden gentechnisch hergestellt und basieren auf einer Nanopartikel-Technologie. Als Wirkverstärker ist ein Adjuvans auf Saponin-Basis zugesetzt. Bei rekombinanten Proteinen handelt es sich um biotechnologisch hergestellte Eiweiße, die entweder mit gentechnisch veränderten Organismen oder mit transfizierten Zellkulturen hergestellt worden sind. Im Fall von Nuvaxovid erfolgt die Herstellung der Proteine mit Hilfe eines Baculovirus und Mottenzellen. Die groben Herstellschritte sind wie folgt:

Schritt 1:
Dem für den Menschen ungefährlichen Baculovirus wird ein Gen zur Produktion des Spikeproteins eingefügt.
Schritt 2:
Eine Zellkultur von Mottenzellen wird mit dem veränderten Baculovirus infiziert.
Schritt 3:
Die Mottenzellen produzieren das Spike-Protein.
Schritt 4:
Die Spike-Proteine schließen sich selbstständig zu Spikes zusammen, die dann „abgeerntet“ werden können.
Schritt 5:
Die Spikes werden zu Nanopartikeln „geformt“, die die Struktur von Sars-CoV-2 nachahmen.
Schritt 6:
Zugabe eines Adjuvans auf Saponin-Basis zur Reizung des Immunsystems, sodass die Nanopartikel bemerkt werden.

Proteinbasierte Impfstoffe wie Nuvaxovid haben allerdings einen entscheidenden Nachteil, wenn es um den langfristigen Schutz vor Virusvarianten geht: Eine starke zelluläre Immunantwort bleibt aus. Die zytotoxischen T-Zellen werden nach der Injektion von Nuvaxovid kaum angeregt. Die Wirksamkeit beruht vor allem auf der Antikörperantwort. Eine breite Immunantwort, so wie man sie nach der Immunisierung mit Comirnaty oder Spikevax findet, bleibt aus.

Die Wirksamkeit von Nuvaxovid wird mit über 90 Prozent angegeben. Damit liegt das Vakzin gleichauf mit den mRNA-Impfstoffen und übertrifft die Wirksamkeit der Vektorimpfstoffe. Doch die alleinige Angabe dieser Wirksamkeit reicht nicht aus, um zu sagen, dass der proteinbasierte Impfstoff gleich wirksam sei wie einer der aktuell zugelassenen mRNA-Impfstoffe – zumindest nicht, wenn man die langfristige Wirksamkeit betrachtet.

Keine Aktivierung der zellulären Immunantwort

Nuvaxovid gilt als stark aufgereinigter Impfstoff – Reste von Erbsubstanz (RNA oder DNA) fehlen. Die Aktivierung der angeborenen Immunabwehr fällt gering aus. Da Novavax nicht in die Körperzelle gelangt, bleibt eine zelluläre Antwort des Immunsystems aus – egal wie wirksam das Adjuvans auf Saponinbasis in neuer Nanopartikelform ist. Die Bildung von T-Killer- und Gedächtniszellen bleibt aus. Dies könnte sich auf den langfristigen Immunschutz, insbesondere beim Auftreten neuer Varianten, auswirken.

Übrigens: Wie genau das Adjuvans auf Saponinbasis zur Wirkverstärkung führt, ist nach aktuellem Wissensstand noch nicht vollständig geklärt. Die groben Abläufe im Körper sind bekannt. So führen die Saponine zu einer Reizung des Immunsystems, sodass dieses auf die Nanopartikel überhaupt aufmerksam wird. mRNA-Impfstoffe kommen ganz ohne Adjuvantien aus, da die RNA an Rezeptoren innerhalb der Zelle bindet, wodurch das angeborene Immunsystem aktiviert wird. mRNA-Impfstoffe verfügen sozusagen über einen automatischen Adjuvanseffekt.

Funktion von Adjuvantien

Adjuvantien sind Impfstoffen zugesetzte Verbindungen zur Wirkverstärkung. Diese werden weniger durch ihre stoffliche Beschaffenheit, als durch ihre Funktion definiert. Adjuvantien können die Immunantwort nach der Injektion verstärken oder in eine bestimmte Richtung lenken. Die gewollte verminderte Reaktogenität (Impfreaktion, Nebenwirkungen) von hochgereinigten rekombinanten Impfstoffen führt aufgrund fehlender weiterer Viruskomponenten (RNA, DNA) zu einer verminderten Immunogenität (geringere Immunantwort). Der Einsatz von Adjuvantien kompensiert diesen Effekt, sodass die Impfstoffe weiterhin eine hohe Wirksamkeit aufweisen.