Retax nach Lieferdefekten

Palexia-Deal: AOK retaxiert je nach Rabattquote Alexander Müller, 23.03.2020 10:36 Uhr

Nicht belegte Lieferdefekte: Die AOK Sachsen-Anhalt erlässt unter gewissen Umständen Retaxationen zu Palexia ganz oder teilweise. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Teil der Corona-Krise in Apotheken sind wachsende Lieferengpässe – und das Problem wird sich absehbar in den nächsten Monaten verschlimmern. Die Krankenkassen erkennen die Situation jetzt und entschärfen die Rabattverträge. Das gilt aber nicht für bereits ausgesprochene Retaxationen in der Vergangenheit. Die AOK Sachsen-Anhalt hat sich mit dem Apothekerverband jetzt zumindest auf einen Palexia-Deal verständigt, wonach Retaxationen ganz oder teilweise zurückgenommen werden, wenn die Apotheke den Rabattvertrag ansonsten gewissenhaft beachtet.

Hintergrund ist ein Rabattvertrag der AOK Sachsen-Anhalt über Palexia (Tapentadol) mit Orifarm. Der Reimporteur war im Frühjahr 2019 nicht immer lieferfähig mit dem Präparat. Wenn Apotheker das nicht in jedem Einzelfall belegen konnten, retaxierte die Kasse, obwohl sie von dem Ausfall ihres Rabattpartners wusste. Orifarm wiederum stellt Nichtverfügbarkeitsbescheinigung rückwirkend nur aus, wenn die Apotheke direkt bestellt hat, nicht aber bei Großhandelsbestellungen.

Und so wurde der Engpass des Betäubungsmittels ab Mai 2019 zu einem wiederkehrenden Retaxfall. Dies wiederum führte zu massiven Beschwerden der Apotheker, immerhin hatte Orifarm den Engpass zumindest allgemein eingestanden: „Wir können allerdings mitteilen, dass die Nachfrage für Palexia Retard im Mai sehr stark zugenommen hat, sodass es hier bereits zu Engpässen gekommen ist. Eine noch stärkere Beschränkung der Lieferfähigkeit trat bei uns dann im Juni und Juli auf. Hierüber wurde unsere Rabattvertragspartnerin, die AOK Sachsen-Anhalt, entsprechend informiert“, teilte der Reimporteur mit.

Nur: Ein genereller Defekt bestand eben nicht, weshalb jeder Einzelfall begründet werden musste. Ohne die Bestätigung erfolgte die Retaxation ansonsten auch aus Sicht des LAV Sachsen-Anhalt zurecht. In einem Schreiben des Verbands heißt es: Grundsätzlich sei Orifarm in dieser Zeit lieferfähig gewesen, einzelne Lieferdefekte zu bestimmten PZN und definierten Zeiträumen seien seitens der AOK bei den Retaxationen bereits im Vorfeld berücksichtigt worden. Die Vertragspartner stimmten daher überein, „dass die in Rede stehenden Retaxen vertragskonform erfolgt sind“.

Dennoch hat man sich auf eine Abschwächung der Retaxationen geeinigt:

  • Retaxationen wegen Nichtlieferbarkeit werden vollständig zurückgenommen, wenn die Rabattquote der Apotheke bezogen auf Palexia in den Monaten Mai und Juni 2019 bei mindestens 70 Prozent lag.
  • Retaxationen werden halbiert, wenn die Rabattquote zwischen 35 und 70 Prozent lag.
  • Retaxationen werden um 25 Prozent vermindert, wenn die Palexia-Rabattquote im strittigen Zeitraum unter 35 Prozent lag.

„Dies bedeutet, dass eine hohe Rabattvertragseinhaltung nunmehr mit einer entsprechenden Entlastung der einzelnen Apotheke einhergeht“, erklärt der LAV. Und weiter: „Damit trägt die AOK Sachsen-Anhalt den Bemühungen, den Rabattvertrag zu bedienen, auch bei denjenigen Apotheken Rechnung, die den Nachweis nicht über Belege des Vertragspartners führen können.“

Für Retaxationen aus anderen Gründen wie pharmazeutische Bedenken findet die Regelung keine Anwendung. Die Apotheken mussten sich mit einer Frist von etwa zwei Wochen mit einem vorgefertigten Formular bei der AOK melden, wenn sie mit der Anwendung einverstanden sind, Stichtag war der 20. März.