Nullretaxation

DAK: Bedenken-Retax ist nicht heilbar Alexander Müller, 16.07.2015 10:17 Uhr

Berlin - 

Apotheken dürfen die Rabattverträge nur mit einem triftigen Grund unterlaufen – einer davon sind pharmazeutische Bedenken. Denn selbst wenn Generika bioäquivalent sind, kann es bei Patienten aufgrund der Zusatzstoffe zu Unverträglichkeiten kommen. Manchmal ist es auch einfach die ungewohnte Verpackung, die einer guten Compliance im Wege steht. Doch die Kassen lassen eine Sonder-PZN allein nicht durchgehen: Die pharmazeutischen Bedenken müssen im Einzelfall begründet werden. Die DAK Gesundheit hat den Einspruch eines Apothekers gegen mehrere Retaxationen abgewiesen.

Bei der Retax ging es um die Abgabe von L-Thyroxin. Da das Hormonpräparat wegen seiner geringen therapeutischen Breite kurz vor der Aufnahme auf die Aut-idem-Liste stand, gab der Apotheker aus Baden-Württemberg das verordnete statt des rabattierten Arzneimittel ab. Das Rezept bedruckte er mit der Sonder-PZN 02567024, fand eine weitere Erklärung in diesem speziellen Fall aber überflüssig.

Nicht so die DAK: Sie retaxierte zwei Rezepte auf Null und verwies auf den Vorrang der Rabattarzneimittel. Da die Abgabe vor Inkrafttreten der Aut-idem-Liste erfolgt war, hätte der Apotheker sich an die Verträge halten müssen. Die unbegründete Verwendung der Sonder-PZN akzeptierte die Kasse nicht.

Auch der Einspruch des Apothekers blieb ohne Erfolg: Bei der Abgabe des Medikaments seien alle Voraussetzungen für eine Substitution erfüllt gewesen, begründet die Kasse. Bei pharmazeutischen Bedenken sei neben dem vereinbarten Sonderkennzeichen auch eine stichwortartige Begründung für die Nichtabgabe des rabattierten Arzneimittels zu vermerken.

Eine nachträgliche Heilung des Rezepts kommt aus Sicht der Kasse nicht in Frage. Die Dokumentation müsse immer zum Zeitpunkt der Abgabe erfolgen. „Dies ist selbsterklärend, da die Gründe für die Nichtabgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels zum Zeitpunkt der Belieferung vorliegen und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt“, schreibt die DAK.

Außerdem ist eine spätere Korrektur aus Sicht der Kasse zu aufwändig: „Es würde zu einer erheblichen und mit den Erfordernissen einer Massenverwaltung nicht zu vereinbarenden Erschwerung des Abrechnungsverfahrens führen, wenn es trotz des eindeutigen Wortlauts der Abgabebestimmungen nachträglich noch zulässig wäre, Gründe für die Nichtabgabe eines rabattierten Arzneimittels nachzuschieben.“

Die DAK weist auch noch einmal darauf hin, dass die Angabe „pharmazeutische Bedenken“ allein nicht ausreicht: Die Bedenken seien „entsprechend des jeweiligen Sachverhaltes auszuformulieren“, zum Beispiel mit Stichworten wie „Unverträglichkeit“ oder „Compliance“. „Nur so sind die tatsächlichen Beweggründe für die Nichtabgabe des rabattierten Arzneimittels nachvollziehbar“, betont die DAK.

Tatsächlich berichten Apotheker auch von Retaxationen der DAK, in den die pharmazeutischen Bedenken aus Sicht der Kasse als zu knapp bemängelt wurden. Ein Sprecher der Kasse erklärte hierzu auf Nachfrage, die Begründung müsse im Einzelfall plausibel sein.

Vorgaben für die Formulierung einer schriftlichen Begründung gibt es nicht, allerdings kursieren unter Apothekern gängige Formulierungen wie: „Gefährdung des Therapieerfolgs durch Non-Compliance.“ Manche Apotheker haben sich sogar Stempel mit diesem Satz anfertigen lassen und fahren nach eigenen Angaben gut damit.

Ganz verzichten dürfen die Apotheker laut ABDA auf eine Begründung tatsächlich nicht: „Die pharmazeutischen Bedenken müssen zusätzlich zur Übermittlung der Sonder-PZN auf dem Rezept vermerkt werden“, heißt es aus der Jägerstraße. Die Pflicht zum Vermerk sei im Rahmenvertrag geregelt.

Alles gefallen lassen sollten sich die Apotheker der ABDA zufolge aber nicht: „Wenn bei Beanstandungen gegen vertragliche Bestimmungen verstoßen wird, ist anzuraten, die Einlegung von Rechtsmitteln zu prüfen“, so ein Sprecher.