Kassenabschlag

Falsch retaxiert – 165.000 Euro zurück Alexander Müller, 05.06.2015 14:27 Uhr

Berlin - 

Krankenkassen verlieren ihren Anspruch auf den kompletten Kassenabschlag, wenn sie wegen unberechtigter Retaxationen ihre Rechnungen zu spät begleichen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) schon 2012 letztinstanzlich entschieden. Jetzt hat das Landessozialgericht Hamburg (LSG) in diesem Rechtsstreit geklärt, dass die Auffanggesellschaft der mittlerweile insolventen City BKK 165.000 Euro plus Zinsen an die klagenden Apotheker zurückzahlen muss.

Gestritten wird seit nunmehr einem Jahrzehnt um Abrechnungen aus dem August 2003 in Höhe von insgesamt rund 300.000 Euro. Die City BKK hatte Retaxierungen aus dem Januar verrechnet und die Zahlung um rund 55.000 Euro gekürzt. Nach erfolgreichem Widerspruch musste die Kasse im Januar 2005 rund 48.000 Euro nachzahlen.

Aus Sicht des Hamburger Apothekervereins hatte die City BKK damit den Anspruch auf den Kassenabschlag verloren – und zwar für die gesamte Sammelrechnung, die die Kasse gegenüber dem Rechenzentrum gekürzt hatte. Der Hamburger Apothekerverein klagte im Auftrag der Apotheker – allesamt Kunden des Rechenzentrums NARZ – auf Rückzahlung der Zwangsrabatte.

Das BSG hatte den Apothekern in letzter Instanz Recht gegeben, das LSG aber beauftragt, die Ansprüche der Apotheker einzeln zu benennen. Denn die jeweiligen Forderungen hätten trotz Sammelklage nicht ihr „eigenes rechtliches Schicksal“ verloren. Eine Gesamtforderung sei daher nicht möglich.

Das LSG sollte nun genau prüfen, wann die Rechnungen jeweils gestellt wurden und in welchen Fällen die Kasse zu unrecht retaxiert – und dann zu spät bezahlt – hatte. Betroffen seien zudem nur Apotheker, die ihre Forderungen an den Verein abgetreten hatten. „Die Summe dieser Forderungen ergibt den Betrag, den die Beklagte dem Kläger noch zu zahlen hat“, so das BSG.

Die Beweislast lag laut Gericht bei der Kasse – respektive ihrer Auffanggesellschaft. Diese sah sich aber nicht mehr zu den komplizierten Ermittlungen in der Lage. Daher entschied das LSG am 28. Mai, dass der volle Betrag zuzüglich Zinsen zurückgezahlt werden muss.

Gegen das Urteil hat das LSG keine Revision zugelassen, da lediglich die Entscheidung des BSG umgesetzt wurde. Dagegen kann die City BKK allerdings noch Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG einlegen – was aber unwahrscheinlich sein dürfte.

Die City BKK wurde zwar im Juli 2011 geschlossen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung setzt die Kasse ihren Geschäftsbetrieb allerdings offiziell fort, „bis alle Angelegenheiten der ehemaligen Kunden, Leistungserbringer und anderer Personen und Organisationen mit Geschäftsbeziehungen zur BKK abgeschlossen wurden“. Notfalls müsste wohl der BKK-Landesverband winspringen.

Unabhängig davon hat der Hamburger Apothekerverein vor dem BSG die wichtige Grundsatzentscheidung erstritten, dass Kassen ihren Kassenabschlag einbüßen, wenn sie zu Unrecht retaxieren und dies vor einer endgültigen Klärung absetzen.

Auf dieser Grundlage klagen derzeit Apotheker gegen eine verspätete Korrektur des Kassenabschlags für das Jahr 2009. In den ersten Verfahren sah es allerdings nicht gut aus: Zweimal haben sie vor den Sozialgerichten Aachen und Berlin schon verloren. Per Sprungrevision geht es jetzt vor das BSG.