„Die Wahrheit über die Homöopathie“

Homöopathen feiern RBB-Doku APOTHEKE ADHOC, 25.05.2020 15:33 Uhr

Großer Streit um kleine Kügelchen: Der RBB geht am Montagabend dem Streit um die Homöopathie nach. Foto: Rundfunk Berlin-Brandenburg
Berlin - 

Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (BVhÄ) kritisiert oft, was er als Hetze gegen die Homöopathie sieht. Er kann jedoch auch umgekehrt: Am Montagabend strahlt der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) eine Doku über Globuli und Co. aus, die ganz nach dem Geschmack des Verbands ist. Und das, obwohl eine seiner Lieblingsfeinde darin prominent zu Wort kommt.

Nicht weniger als „Die Wahrheit über die Homöopathie“ verspricht die gleichnamige TV-Dokumentation, die am Montag um 21.15 Uhr im öffentlich-rechtlichen RBB ausgestrahlt wird. Um eine „Spurensuche“ handele es sich dabei, moderiert RBB-Reporter Sven Oswald den Film an, die bei Patienten beginnt, „die sich beim Homöopathen auf eine Reise ins Ungewisse begeben“. Startpunkt ist ein junger Migränepatient, der sich in die Behandlung des Internisten und Homöopathen Dr. Günther Heck aus Berlin begibt.

Der Filmmacher gibt sich spürbar Mühe, möglichst neutral aufzutreten, aber auch abzuwägen. „Seit über 200 Jahren gibt es die Homöopathie jetzt. Wenn sie kompletter Humbug wäre, hätte sie sich doch längst erledigt, könnte man meinen“, so Oswald. „Andererseits hätte sie auch genug Zeit gehabt, wirklich zu überzeugen – selbst die Kritiker.“ Doch die Ablehnung gegenüber Globuli und Co. wachse. „Es ist ungemütlich geworden für die Homöopathie“, konstatiert er und insinuiert, dass der wachsende Widerstand auch an erfolgreichem Lobbyismus liegen könnte.

Daraufhin kommen kursorisch auch Kritiker zu Wort wie Norbert Aust vom Informationsnetz Homöopathie, der auf die Widersprüche zu grundlegenden naturwissenschaftlichen Erkenntnissen verweist. „Die Astrologie ist auch nicht Teil der Astronomie und die Homöopathie darf nicht Teil der Medizin sein“, sagt Professor Dr. Norbert Schmacke vom Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen. Und da wenige Dokumentationen über die Homöopathie ohne ihre wahrscheinlich bekannteste Kritikerin auskommen, kommt auch Dr. Nathalie Grams, die mit organisierten Vertretern der Homöopathie regelmäßig in öffentlichem Clinch, liegt zu Wort. Erst im Februar und März lieferte sie sich einen öffentlichen Schlagabtausch mit der Hahnemann-Gesellschaft, nachdem die – erfolglos – versucht hat, Grams-Vorträge bei der Apothekerkammer Niedersachsen zu verhindern.

Zuwendung, Zeit und letztendlich der Placebo-Effekt seien es, auf die die Wirkung homöopathischer Arzneimittel zurückgehe, erklärt sie unter Verweis auf ihre eigenen Erfahrungen als niedergelassene Homöopathin. „Das einzige, was zur Frage steht, ist: Gibt es darüber hinaus eine spezifische arzneiliche Wirkung vor allem der Hochpotenzen? Dafür spricht die Wissenschaft nicht und das habe ich irgendwann erkannt.“

Doch das will die Doku offenbar umfassend hinterfragen. Sowohl Ärzte, Wissenschaftler als auch eine Apothekerin kommen zu Wort, die sich für die Homöopathie einsetzen. „Ich ärger mich ein bisschen über die Welle, die jetzt gerade auf uns zurollt, weil ich überzeugt bin, dass Homöopathie wirkt und die Patienten zufrieden damit sind“, sagt Christine Deerberg, Inhaberin der Insel-Apotheke in Berlin, über die Ablehnung, die Homöopathie-Befürworter entgegenschlägt. Ein ausführlicher Verweis auf die wachsende Zahl an Studien, die zu positiven Ergebnissen bei der Frage der Wirksamkeit von Homöopathika gelangten, ordnet Grams unter Verweis auf deren oftmals unzureichendes Studiendesign ein.

Dennoch, der Film findet offenbar großes Gefallen beim Verband der homöopathischen Ärzte. „In der ARD-Mediathek ist der Beitrag bereits anzusehen und es lohnt sich“, konstatiert der BVhÄ. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt die Schlussmoderation, in der Reporter Oswald seine vorherige Neutralität aufgibt. „Es gibt sie nicht, die eine Wahrheit über Homöopathie“, fasst er zusammen und belegt en passant die fragwürdige Titelwahl. „Aber genau das macht sie doch so spannend für die Wissenschaft.“ Was aber festgehalten werden könne, sei, dass die Kosten für die Krankenkassen sind verschwindend gering seien. Auch Wirkungsnachweise gebe es, nur eben noch viel zu wenige. „Hier ist mehr Forschung nötig. Und drittens: Man kann sich herrlich über Homöopathie streiten, wenn man das macht, dann bitte mit ein bisschen Respekt, denn schließlich reden wir über eine über 200 Jahre alte Heilmethode. Bei der Behandlung ist mir persönlich relativ egal, ob sie bewiesen ist, wichtig ist mir, dass sie funktioniert. Und wenn mir kleine weiße Kügelchen helfen, dann nehm ich sie halt.“