Lieferservice

Apothekerin will Rezeptkunden mitnehmen Alexander Müller, 16.07.2018 07:55 Uhr

Berlin - 

Die Apo-Rot-Apotheke Elmshorn hat Ende vergangener Woche geschlossen. Inhaberin Cordula Niemeyer will sich auf ihren Standort in Pinneberg konzentrieren. Doch die Umsätze möchte sie gerne mitnehmen, weshalb sie für die Kunden ein besonders Angebot bereithält. Rechtlich ist der beworbene Rezeptlieferdienst ein Grenzfall.

Niemeyer hatte eine günstige Gelegenheit, die Immobilie zu verkaufen, in der sich die Elmshorner Apotheke befindet. Der neue Eigentümer plant nicht mehr mit einer Apotheke im Erdgeschoss. Die bisherige Inhaberin führt in Pinneberg eine weitere Apo-Rot-Apotheke, knapp 20 Kilometer entfernt. Die Filiale wird jetzt zur Hauptapotheke.

„Wir verlegen unsere Apotheke nach Pinneberg“, heißt es auf einem Flyer. Als Begründung wird gegenüber den Kunden der sich verstärkende Personalmangel angegeben, der zu ständigen Personalengpässen in beiden Apotheken geführt habe. Tatsächlich hatte Niemeyer in der Vergangenheit bereits die Öffnungszeiten verkürzt und eine Mittagspause eingeführt.

Fast 30 Jahre war Niemeyer in Elmshorn als Apothekerin tätig, zunächst als Vita-Apotheke, zwischendurch unter der Flagge von DocMorris und zuletzt mit dem Logo von Apo-Rot. Weil sie ihre teils langjährigen Kunden auch künftig betreuen möchte, hat sie ein „spezielles Lieferangebot“ entwickelt.

Und das geht so: Die Kunden könnten ihr Rezept per Fax oder E-Mail an die Apotheke schicken oder in einen Freiumschlag stecken und bekommen die Medikamente nach Hause gebracht: „Die Belieferung nach Elmshorn und Umgebung erfolgt durch unseren Botendienstmit eigenen Lieferfahrzeugen“, heißt es. Bei Rückfragen zur Bestellung sollen die Patienten telefonisch kontaktiert werden. Diese können bei Beratungsbedarf ihrerseits natürlich in der Apotheke anrufen. Ansonsten kommt nur der Bote.

Die Lieferung ist allerdings nur bei oder in Verbindung mit Rx-Bestellungen kostenlos. Ordert der Kunde OTC-Arzneimittel oder freiverkäufliche Produkte, fällt eine „Kostenbeteiligung“ von 4,50 Euro an. Erst ab einem Mindestbestellwert von 40 Euro ist die Fahrt nach Elmshorn kostenlos. Dafür hält Niemeyer die niedrigen Onlinepreise von Apo-Rot.

Der Lieferservice ist allerdings in einer rechtlichen Grauzone. Denn einen Botendienst sieht die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nur für den Einzelfall vor. Über die Definition von Einzelfall streiten die Gelehrten, für pauschale Lieferangebote benötigt die Apotheke nach einhelliger Meinung aber eine Versanderlaubnis.

Und dann bleibt die Frage, ob eine Apotheke mit Versanderlaubnis die Arzneimittel mit dem eigenen Botendienst ausfahren darf oder einen externen Logistiker beauftragen muss. Besonders logisch erscheint diese Differenzierung auf den ersten Blick nicht, doch mit diesem Argument wurden schon Liefermodelle von Apothekern gerichtlich verboten.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) muss der Kunde außerhalb des Versandhandels einmal die Möglichkeit gehabt haben, sich persönlich von pharmazeutischem Personal beraten zu lassen. Die Möglichkeit einer telefonischen Beratung würde im stationären Handel keine Abhilfe schaffen. Dann müsste der Botendienst von einem Apotheker oder PTA ausgeführt werden.

Unkritisch ist die vergleichbare Lösung für das in Elmshorn an die Apotheke angeschlossene Sanitätshaus: Wer seine Inkontinenzprodukte oder Pflegehilfsmittel künftig aus Pinneberg beziehen möchte, zahlt 4,50 Euro pro Lieferung. Denn die Versorgungspauschalen der Krankenkassen reichten für eine kostenlose Lieferung leider nicht aus, heißt es in der Kundeninformation. Ob die Kunden bereit sind, diesen Anteil zu zahlen oder nach Pinneberg zu fahren, steht auf einem anderen Blatt.