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Zurück auf Null Alexander Müller, 21.02.2015 08:55 Uhr

Berlin - 

Das war gutes Timing: DAK-Chef Professor Dr. Herbert Rebscher verteidigt das Instrument der Nullretaxation und gleichzeitig werden Retaxationen zu MCP-Tropfen bekannt. Die wurden fällig, weil nicht alle Apotheken stündlich die BfArM-Seite checken. Während die Politik eine Nullretax-Regel gesetzgeberisch outgesourced hat, gibt es laufend neue Fälle – und klare Ansagen. Auch zum Thema Skonto.

DAK-Chef Professor Dr. Herbert Rebscher versteht die Aufregung nicht: Wer keine ordentliche Rechnung stellen könne, dürfe auch keine Bezahlung erwarten. Nullretaxationen sind aus der Kassenperspektive angebracht. „Unverschämt“ fand DAV-Chef Fritz Becker die Einlassungen und unterstellt der DAK, Retaxationen als benötigte Einnahmequelle zu nutzen.

Ein bisschen danach aus sahen in der Tat die Retaxationen einen halben Tag nach dem MCP-Rückruf im April 2014. Nicht mehr verkehrs- gleich nicht mehr erstattungsfähig – so rigoros wie die DAK war außerdem die AOK Sachsen-Anhalt. TK, Barmer und selbst die retaxfreudige KKH haben den Apothekern im Gegensatz die Chance gegeben, wenigstens die offizielle Veröffentlichung abzuwarten. Aber was ist schon offiziell?

Offiziell wird der OTC-Switch der „Pille danach“. Nach dem ersten Kuddelmuddel um den Wechsel scheint jetzt alles seinen geordneten Gang zu gehen. Zwar kämpfen die Versender noch um die Bevorratung und die Grünen um die Erstattungsfähigkeit, aber nach aktuellem Stand sieht es nach einem geregelten Verfahren ab dem 15. März aus. Und jede Wette, dass das Thema in einem halben Jahr niemanden mehr in Harnisch jagt.

Noch unsicher ob der Folgen sind die Apotheker nach wie vor wegen TTIP. Bringt das Freihandelsabkommen die Liberalisierung durch die US-Hintertür? Das BMG beschwichtigt: Fremd- und Mehrbesitzverbot bleiben bestehen, die Apothekenpflicht auch. Das hatte auch schon die EU-Kommission versprochen, aber was heißt das schon? Bei der ABDA setzt jetzt Entspannung ein.

Viel und hitzig diskutiert wird dagegen nach wie vor über Skonti der Großhändler. Machen sich Apotheker und ihre Lieferanten künftig strafbar, wenn das Zahlungsziel zu fern lag? Ob Skonti als versteckte Rabatte das Preisrecht verletzten, soll unabhängig vom Anti-Korruptionsgesetz schon einmal vor Gericht geklärt werden. Zu erraten, wer hinter dem Verfahren steckt, das je nach Ausgang Großhändlern die Gewährung von Skonti verbieten könnte, ist in etwa so schwer, wie 3 Prozent Skonto zu berechnen.

Ob der Streit auf der anderen Seite des großen Teichs in diesen Details verfolgt wird, ist unbekannt. Beim neuen Celesio-Mutterkonzern McKesson hat man zumindest gegenüber Herstellern recht klare Vorstellungen davon, wie das mit den eigenen Zahlungszielen künftig zu handhaben ist. In einem Brief an die Industrie werden zwischen vielen blumigen Worten die neuen Konditionen diktiert: 3 Prozent Skonto will McKesson auf alle Generika bei Zahlung innerhalb von 75 Tagen, 2 Prozent auf Originalpräparate mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen. Mal sehen, wie die Pharmariesen mit solchen Ansagen umgehen.

Auf bessere Geschäfte hofft auch die Apothekenkooperation Linda. Die will lieber Geld einsammeln: Bis zu 2,4 Millionen Euro sollen aus der neuen Finanzierungsrunde zusammenkommen. Vorzugsaktien heißt das Zauberwort, mit dem die Eigenkapitalquote verdoppelt werden könnte. Der Gewinn für das laufende Jahr wird mit 300.000 bis 600.000 Euro eher bescheiden angesetzt.

Für die Noweda sind Kooperationen die erste Vorhölle auf dem Weg zur Apothekenkette. Jedenfalls solche, die unter einheitlicher Flagge segeln. Was die Wahrnehmung beim Kunden betrifft, liegt die Genossenschaft damit vermutlich richtig: Die „Soft-Franchise-Systeme“ werden vom aufgeklärten Durchschnittsverbraucher überwiegend für Ketten gehalten.

Dass die Noweda mit solchen Apotheken nicht zusammenarbeiten möchte, ist zunächst einmal ihre eigene unternehmerische Entscheidung. Mit zwei Einschränkungen: Erstens haben sich die Großhändler einen Versorgungsauftrag ins Gesetz schreiben lassen und zweitens ist die Noweda in ihrer hehren Selbstbeschränkung nicht unbedingt bis ins Letzte konsequent.

Bis aufs Letzte verausgaben musste sich Jenke von Wilmsdorff bei seinem Großhandelsselbstversuch. Stressiger als schreiende Kinder, Möbel schleppen und Pizza ausfahren war der Job in einer Noweda-Niederlassung. Die Apotheker wussten schon vorher, was in einer Niederlassung geleistet wird, insofern gibt es da Verständnis. Wie wäre das Jenke-Experiment wohl in der Apotheken ausgefallen? Aufgabe nach fünf Minuten?

Hexal will wieder „raus aus dem Kühlschrank“ und „rein in die Sichtwahl“: Perocur mit neuer Rezeptur – Comeback für die Hefe. Beim Originalhersteller Medice sind die Bauchschmerzen aber noch erträglich. In Iserlohn setzt man auf die gute Studienlage zu Perenterol.

Keine Taler für Rezepte. Außer das Rezept ist nur Träger eines Datums und beweist, dass der Patient vor nicht länger als zwei Tagen beim Arzt war. Dann ist der Taler okay, befand das Landgericht Bochum. Die Kunden erhalten die Boni nämlich auch, wenn sie nur eine Terminnotiz mitbringen. Vielleicht reicht es auch, wenn sie glaubhaft versichern, auf dem Weg in die Apotheke einen Arzt gesehen zu haben. Der Bonibaum treibt immer schöne neue Blüten. An juristischen Fakultäten soll es dazu mittlerweile eigene Seminarreihen geben.

Die Abmahnwellen rollen in kürzeren Abständen über die Apotheken hinweg. Und die Abmahngründe werden immer exotischer: Himalayasalz, einer der Topseller in den meisten Apotheken, macht seit Herbst Ärger. Denn: Das Gebirge ist zwar rund 3000 Kilometer lang, die streitgegenständlichen Salzvorräte liegen aber leicht außerhalb. Ergo darf das Salz so nicht heißen und nichtsahnende Apotheker können von asienerfahrenen Kollegen vor den Kadi gezerrt werden.

Ob es bei den diversen Streitereien vor dem Landgericht Hamburg in erster Linie um gleich lange Spieße im Kampf um die Himalayasalz-Kunden oder um den schnellen Euro mit einer Abmahnung geht – wir wissen es nicht. Zuletzt haben die Angreifer ihre Verbotsansprüche aber etwas zu weit gefasst, so dass sie auf Teilen der Gerichtskosten sitzen bleiben.

Während weitere Verfahren laufen, hinterfragen offenbar einige Geologen, ob die umstrittene „Salt Range“ nicht vielleicht doch zum Himalaya gehört. Sollte ein Apotheker jemals ein Jahr ohne Abmahnung oder Retax überstehen, sollte er sich unbedingt bei „Wer wird Millionär?“ anmelden – das Allgemeinwissen dürfte dann allemal ausreichen.

Quizfrage: Wer zog 2009 ins Weiße Haus ein? Barack Obama, weiß jeder. Auch weil „those crazy Germans“ überzeugte Obama-Fans waren und teilweise sind. Und man kann über seine Politik, seinen Friedensnobelpreis oder speziell über seine Gesundheitsreform sagen, was man will – an Coolness reicht ihm kaum ein Spitzenpolitiker das Wasser. Sein Blödelvideo für die Gesundheitsreform setzt Maßstäbe. Da kann unser Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) so viele Kamelle vom Festwagen schmeißen, wie er will. Andererseits: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kann man so einen Obama-Clip zutrauen, nur bieten sich die Themen derzeit nicht so an.