Melatonin: Vorsicht bei längerer Einnahme 13.11.2025 12:15 Uhr
Freiverkäufliche Melatonin-Produkte werden vielfach angewandt, um das Einschlafen zu erleichtern. Dabei kann die Einnahme schwere gesundheitliche Folgen haben, wie eine Beobachtungsstudie aus den USA zeigt. Es drohen Herzinsuffizienz und Krankenhausaufenthalte, schlimmstenfalls kann die Einnahme tödlich enden.
Melatonin soll als sanfte Einschlafhilfe dienen und ist ohne Rezept erhältlich. Eine langfristige Einnahme kann jedoch zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Menschen, die von Schlafproblemen betroffen sind und über ein Jahr lang regelmäßig Melatonin anwenden, haben ein deutlich höheres Risiko, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln. Das fanden Forschende in einer Beobachtungsstudie heraus. Die Ergebnisse wurden auf den Scientific Sessions der American Heart Association (AHA) 2025 vorgestellt.
Melatonin galt als antioxidativ
Bisher gingen Mediziner:innen davon aus, dass der körpereigene Botenstoff antioxidative Eigenschaften aufweist. Deshalb galt Melatonin als blutdrucksenkend und gefäßschützend. Für die Analyse wurden Daten der TriNetX Global Research Network-Datenbank ausgewertet. Insgesamt wurden mehr als 130.000 Erwachsene mit diagnostizierter Insomnie einbezogen. Das Durchschnittsalter betrug 55 Jahre. 61 Prozent der Probanden waren Frauen. Die Hälfte aller Teilnehmenden nahm für mindestens zwölf Monate regelmäßig Melatonin ein.
Aus der Analyse ausgeschlossen wurden Personen mit bestehender Herzinsuffizienz, sowie Menschen, die andere Schlafmittel als Melatonin einnahmen.
Melatonin-Einnahme und Herzinsuffizienz
Bei der Untersuchung wurden mehr als 40 Faktoren erfasst: darunter Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen, Blutdruck, BMI und Medikation. Der Beobachtungszeitrum betrug fünf Jahre. Die Forschenden konnten belegen, dass:
- 4,6 Prozent der Melatonin-Nutzer eine Herzinsuffizienz entwickelten, im Vergleich zu 2,7 Prozent in der Kontrollgruppe.
- das Risiko somit um 89 Prozent erhöht ist.
- die Wahrscheinlichkeit, wegen Herzinsuffizienz hospitalisiert zu werden, in der Melatonin-Gruppe 3,5-mal höher war.
Mehr noch: Auch die Gesamtsterblichkeit verdoppelte sich innerhalb der fünf Jahre bei den Proband:innen in der Wirkstoffgruppe. „Alle Teilnehmenden litten an Insomnie, das heißt: Das erhöhte Risiko lag nicht an der Schlaflosigkeit selbst“, betont Studienleiter Dr. Ekenedilichukwu Nnadi, leitender Assistenzarzt für Innere Medizin am SUNY Downstate/Kings County Primary Care in Brooklyn, New York gegenüber dem Portal Medscape. „Entscheidend war offenbar die Melatonin-Einnahme.“
Melatonineinahme bei Herzproblemen
Deswegen warnt er: „Die langfristige Anwendung von Melatonin ist möglicherweise nicht so risikofrei, wie wir dachten. Wenn Menschen es dauerhaft einnehmen, insbesondere bei bestehenden Herzproblemen oder Risikofaktoren, sollten sie ihren Arzt um Rat fragen.“
Man müsse jedoch bedenken, dass in der Studie kein direkter ursächlicher Zusammenhang nachgewiesen wurde. „Wie genau Melatonin die Entstehung einer Herzinsuffizienz begünstigen könnte, ist offen“, so die Forschenden. „Melatonin ist kein harmloses Medikament für guten Schlaf,“ so Nnadi. „Es ist Zeit, seine Langzeitsicherheit kritisch zu hinterfragen.“