Prüfpflicht, ja oder nein?

Retaxgefahr: OTC auf Muster-16-Format APOTHEKE ADHOC, 02.04.2023 08:38 Uhr

Werden OTC-Arzneimittel auf Muster-16-Format verordnet, hat die Apotheke nicht in allen Fällen eine Prüfpflicht zur Erstattungsfähigkeit. Foto: Jodid Tabletten
Berlin - 

Faustregel: Rx-Medikamente gehören auf das rosa Muster-16-Format und OTC-Präparate müssen auf einem grünen Rezept verordnet werden. Aber gilt das wirklich bei allen Präparaten oder gibt es Ausnahmen zur Erstattungsfähigkeit bei verschreibungsfreien Arzneimitteln?

Eine Erstattung von verschreibungsfreien Arzneimitteln ist in einigen Fällen auch für über 18-Jährige möglich. Dabei ist jedoch die Diagnose entscheidend. Die Apotheke hat nicht in allen Fällen eine Prüfpflicht.

Die Krankenkasse übernimmt die entstehenden Kosten für ein OTC-Arzneimittel für eine/n Patient:in über 18 Jahre nur dann, wenn das Arzneimittel gewissen Kriterien entspricht. Geregelt wird dies in der Arzneimittelrichtlinie Anlage 1. Dort finden sich OTC-Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Die gelisteten Arzneimittel können zu Lasten der GKV abgegeben werden.

OTC-Arzneimittel, die zu Lasten der GKV abgegeben werden können:

  • Iodid- und Iod-Verbindungen
  • Nasale Glukokortikoide
  • Dermatika mit Urea über 5 Prozent
  • Folsäure
  • Eisen-(II)-Verbindungen
  • Calcium-Verbindungen
  • Antimykotika

Jedem Arzneistoff sind Indikationen zugeordnet. So können beispielsweise Calciumverbindungen ausschließlich zur Behandlung der manifesten Osteoporose, bei zeitgleicher Steroidtherapie oder ergänzend zu einer Bisphosphonat-Behandlung zu Lasten der GKV abgegeben werden. Achtung: Eine generelle Versorgung mit dem Mineralstoff wird von der Krankenkasse nicht übernommen und Kund:innen müssen selbst zahlen.

Auch Folsäure ließe sich als reines Nahrungsergänzungsmittel nicht abrechnen. Laut der Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie ist Folsäure aber bei folgenden Indikationen erstattungs­fähig:

  • Folsäure und Folinate nur bei Therapie mit Folsäure­antagonisten sowie zur Behandlung des kolorektalen Karzinoms.
  • Wasser­lösliche Vitamine auch in Kombinationen nur bei der Dialyse.
  • Wasser­lösliche Vitamine, Benfotiamin und Folsäure als Mono­präparate nur bei nachge­wiesenem, schwer­wiegendem Vitamin­mangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann (Folsäure: 5 mg/Dosiseinheit).

Hat die Apotheke eine Prüfpflicht?

Werden OTC-Arzneimittel auf rosa Rezepten verordnet, muss die Apotheke prüfen, ob das verordnete Präparat in der Arzneimittelrichtlinie Anlage 1 gelistet ist:

Wenn ja: Die Apotheke muss prüfen, ob eine Diagnose angegeben ist. Ist dies der Fall, besteht die Pflicht zu prüfen, ob es sich bei der Angabe um eine in der Anlage aufgeführte Diagnose handelt. Stimmt diese mit der OTC-Übersicht des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) überein, so kann das Präparat abgegeben werden.

Wenn die Diagnose nicht in der Anlage 1 aufgeführt ist, so muss Rücksprache mit dem/r Verordner:in gehalten werden. Unter Umständen muss lediglich der Wortlaut geändert werden, sodass die Apotheke keine Retax riskiert.

Fehlt die Diagnose auf dem Rezept, so hat die Apotheke keine Prüfpflicht. Auch eine ärztliche Rücksprache muss nicht erfolgen. Das verschriebene Präparat kann abgegeben werden, sofern das Arzneimittel in der OTC-Liste auftaucht.

Blick aufs Detail

Bei einigen Stoffen müssen Apotheken besonderes genau hinschauen. So kann eine Calciumverbindung nur dann zu Lasten der GKV abgegeben werden, wenn pro abgeteilter Einheit mindestens 300 mg Calcium-Ionen enthalten sind. Bei Urea-Salben muss ein Mindestgehalt von 5 Prozent erfüllt sein und auch bei Salicylsäure-haltigen Salben und Cremes muss der Gehalt mindestens 2 Prozent aufweisen. Bei Folsäure-Monopräparaten muss die Dosiseinheit von 5 mg erfüllt sein. Vorsicht gilt auch bei Kombinationsarzneimitteln. Oftmals ist nur die Verschreibung von Monopräparaten möglich.