Am Wochenende in der Apotheke

Ohne Abitur: PTA studiert Medizin Carolin Ciulli, 17.04.2021 12:34 Uhr

Hörsaal und HV-Tisch: Die PTA Daniela Wittmann studiert Medizin. Foto: Wittmann
Berlin - 

Einen besonderen Ausbildungsweg hat Daniela Wittmann eingeschlagen. Die PTA bewarb sich nach acht Jahren in der Apotheke für ein Medizinstudium – ohne Abitur zu haben. Die Universität Regensburg wählte die 33-Jährige aus 40 weiteren Bewerbern aus. Der Pharmazie will Wittmann nicht den Rücken kehren und weiter in der Apotheke tätig sein.

Wittmann ist gerade in das zehnte Semester gekommen. Das erste Staatsexamen liegt erfolgreich hinter hier. „Noch bin ich in der Regelstudienzeit und mein Ziel ist es, auch in dieser fertig zu werden“, sagt sie. Im Oktober steht das zweite Staatsexamen an und die Praxissemester für ihre Doktorarbeit zum Thema Leberzirrhose. „Der Umfang des Studiums ist groß.“ Doch der Traumberuf Rechtsmedizinerin trieb Wittmann an: „Ich hätte es mir nicht verziehen, es nicht probiert zu haben.“ Nach der Realschule erwarb sie die Fachoberschulreife und begann 2006 ihre PTA-Ausbildung in München.

Der Weg an die Uni sei nicht einfach gewesen. Es gebe nicht viele Hochschulen, die Medizinstudenten ohne Abitur annähmen, sagt die PTA, die auch heute noch am Wochenende in Apotheken tätig ist. Für die Bewerbung musste sie auch in einem Motivationsschreiben darlegen, warum sie Medizin studieren wollte. In zwei Beratungsgesprächen wurde sie von den Universitätsmitarbeitern nochmals zur Rede gestellt. „Sie haben es mir fast ausgeredet“, erinnert sich Wittmann.

Als Argumente seien ihr Alter und das Arbeiten in der Apotheke genannt worden. „Vielleicht ist das auch realistisch gewesen, weil es tatsächlich nicht leicht ist.“ Doch die PTA ließ sich von ihrem Traum nicht abbringen. „In der PTA-Schule hatte ich weniger Geld als jetzt.“ Ihre Ausbildung kam ihr sehr vereinzelt ganz am Anfang zugute. „Vorteile hatte ich in Pharmakologie. Aber selbst da war das Wissen schnell zu Ende. Ich fand den Umfang schon als PTA-Auszubildende umfangreich. Da muss ich jetzt drüber lachen.“ Vorteile habe sie persönlich auch in Chemie gehabt, ein Fach, das sie schon immer sehr interessierte.

Zuvor überlegte sie auch, ob sie nicht Pharmazie studieren sollte. „Ich finde den PTA-Beruf richtig toll, wollte aber immer gern Medizin studieren.“ In der Apotheke hätten ihr Pharmazeut:innen zudem immer von einer späteren Tätigkeit als Apothekerin abgeraten. Ob sie wirklich in der Rechtsmedizin landen werde, sei fraglich. „Es gibt nur wenige Institute und dadurch wenige Stellen.“ Auch Allgemeinmedizin sei interessant. Angebote für eine Praxisübernahme gebe es bereits. „Ich will aber zunächst als Angestellte arbeiten und mich nicht gleich selbstständig machen.“

An der Universität fühlt sich Wittmann sehr wohl. „Ich könnte mein Leben lang in Hörsälen sitzen und zuhören.“ Die vergangenen Monate verbrachte sie wegen des Distanzregeln jedoch mehr vor dem Bildschirm. „Im vergangenen Sommer hatten wir plötzlich gar keine Präsenzveranstaltungen mehr. Das war gerade für die Praktika schwierig.“ Künftig sollen diese in „kleinen Kleinstgruppen“ mit einem negativen Coronatest-Ergebnis wieder möglich sein.