Nach dem Urlaub

Lohnfortzahlung trotz Quarantäne? Alexandra Negt, 17.07.2021 09:07 Uhr

Was zahlt der Chef, wenn man vom Urlaub direkt in Quarantäne muss? Foto: Bihlmayer Fotografie/Shutterstock.com
Berlin - 

Urlaub in Deutschland reicht vielen das zweite Jahr in Folge nicht mehr aus. Die Sehnsucht nach Sonne, Strand und Meer ist so groß, dass doch ein Urlaub in Spanien, Griechenland oder der Türkei ansteht. Was passiert jedoch, wenn man als Arbeitnehmer:in bewusst in ein Virusvariantengebiet fährt, oder das Urlaubsziel vor Ort zum Risikogebiet ernannt wird? Müssen auch vollständig Geimpfte in Quarantäne?

Aktuell hat es viele Spanienurlauber getroffen – mitten im Urlaub wird das Land, inklusive der bei Urlaubern sehr beliebten balearischen Inseln, zum Risikogebiet ernannt. Für Heimkehrer aus Risikogebieten greift eine Quarantänepflicht. Das BMG schreibt: „Wenn Sie sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben, müssen Sie sich grundsätzlich direkt nach Ankunft nach Hause – oder in eine sonstige Beherbergung am Zielort – begeben und zehn Tage lang absondern (häusliche Quarantäne).“ Eine Freitestung ist möglich. Hierfür muss ein negatives Testergebnis über das Einreiseportal der Bundesregierung übermittelt werden. „Wird der Nachweis bereits vor Einreise übermittelt, so ist keine Quarantäne erforderlich.“ Geimpfte und Genesene sind von den Quarantäneregeln generell ausgenommen.

Wer also vollständig geimpft in den Urlaub fährt, der hat keinen Lohnausfall zu erwarten. Für diejenigen, die trotz unvollständigem Impfstatus verreisen wollen gilt jedoch Vorsicht. Denn ist das Reiseziel bereits vor Reiseantritt ein Risikogebiet, so besteht bei Quarantäne nach der Rückkehr kein Anspruch auf Entgeltzahlung oder Entschädigung. Angst, dass das Gebiet während des Urlaubes zum Risikogebiet wird muss der/die Reisende in Bezug auf Lohnfortzahlung nicht haben. In diesem Fall hat der/die Arbeitnehmer:in Anspruch auf Lohnfortzahlung für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen. Wer sich infiziert wird krankgeschrieben und erhält ebenfalls die gewohnte Lohnfortzahlung. Der Anspruch besteht unabhängig vom Ort der Infektion.

Keine Rückkehr bei positivem Test

Wer aus einem Risikogebiet, das nicht Hochinzidenz- oder Virusvariantengebiet ist, nach Deutschland zurückkehrt, der muss spätestens 48 Stunden nach Einreise ein negatives Testergebnis vorlegen können. Flugpassagiere müssen vor dem Rückflug einen Test machen. Fällt dieser positiv aus, findet keine Beförderung statt. „Eine Beförderung durch die Beförderungsunternehmen ist nur mit negativem Testnachweis gestattet. Eine Isolierung nach den örtlichen Vorschriften ist auf eigene Verantwortung durchzuführen“, informiert das BMG. Der verlängerte Aufenthalt kann dann ganz schön teuer werden. Je nach Reiseland müssen sich die Betroffenen informieren, wo sie mit vorliegender Sars-CoV-2-Infektion unterkommen können. Geimpfte sind von der Testpflicht ausgenommen. Um die Krankschreibung geltend zu machen muss dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin das Testergebnis übermittelt werden. Bei Arzt- oder Krankenhausbesuchen können die dort ausgestellten Briefe und Papiere als weiterer Nachweis zur Vorlage beim Arbeitgeber genutzt werden.

Muss ich dem Chef sagen, wohin ich fahre?

Eine Auskunftspflicht über das Reiseziel besteht nicht. Dabei ist es egal, ob der Urlaubsort aktuell als Risiko- oder Variantengebiet eingestuft ist. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schreibt: „Arbeitgeber haben kein Recht, Auskünfte zum Urlaub – im Vorwege oder nachträglich – zu verlangen. Private Lebensführung bleibt grundsätzlich Sache der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Teilweise wird vertreten, dass Arbeitgeber allgemeine Auskünfte darüber verlangen dürfen, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ein Risikogebiet gereist sind.“ Doch der DGB zweifelt an dieser Aussage. „Diese Auffassung überzeugt nicht: Eine Reise in ein Risikogebiet führt weder zwangsläufig zu einer Quarantäne, noch hat die Reise die hohe Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung zufolge.“

Risikogebiet, Virusvarianten-Gebiet, Hochinzidenzgebiet

Die Begriffe Risikogebiet, Virusvariantengebiet und Hochinzidenzgebiet werden häufig parallel verwendet. Dabei gibt es für jeden dieser Begriffe eine genaue Definition. Ein Land oder eine Region wird dann zum Risikogebiet, wenn es vor Ort in den letzten sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. In einem zweiten Schritt wird berücksichtigt, ob die Gefahr eines nicht erhöhten oder eines erhöhten Infektionsrisikos vorliegt (Beurteilung nach qualitativen und weiteren Kriterien des RKI). Zu den einfach Risikogebieten gehören (Stand 16. Juli) unter anderem die Urlaubsländer Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate, Norwegen, Kroatien, Irland, Indonesien und die Bahamas.

Zum Hochinzidenzgebiet wird eine Region oder ein Land erklärt, wenn die Inzidenz über 200 ansteigt. Bei mehr als 200 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage und der zusätzlichen Berücksichtigung des Infektionsrisikos vor Ort kann der Status als „Hochinzidenzgebiet“ erfolgen. Aktuell (Stand 16. Juli) zählt das RKI 29 Hochinzidenzgebiete, darunter auch die beliebten Reiseziele Großbritannien, Portugal, Indien, Malediven, Ägypten und Tunesien.

Darüber hinaus gibt es noch die Virusvariantengebiete. Großbritannien ist wohl das bekannteste Varianten-Gebiet. Ein Land oder ein gebiet wird dann zu einem Virusvariantengebiet ernannt, wenn sich dort eine Mutation verbreitet, die aktuell in Deutschland nicht vorherrschend ist und von der ein potenziell höheres Risiko ausgeht (Infektiösität, Mortalität). Da die britische variante mittlerweile auch in Deutschland weit verbreitet ist, gehört das Land nicht mehr zu den Virusvarianten-Gebieten. Stand 16. Juli zählt das RKI elf Gebiete, darunter Brasilien und Südafrika.