Fluoridmenge unnötig verdoppelt

Kinderzahnpasta: Achtung Fluorosegefahr! Nadine Tröbitscher, 27.11.2019 10:24 Uhr

Kein Fluorid, keine Fluorose. Bio HAP ist eine Alternative. Foto: Alexandra H./pixelio.de
Berlin - 

Beinahe jedes vierte Schulkind hat eine bleibende Fluorose. Die weißen Flecken auf den Zähnen sind Folge einer zu hohen Fluoridzufuhr. Dennoch empfehlen die Fachgesellschaften eine Verdopplung der Fluoridmenge in Kinderzahnpasten. Das Thema Fluorid wird selbst unter Zahnärzten kontrovers diskutiert.

Wer eine Zahncreme herstellen will, hat die Wahl zwischen einer chemischen Fluoridverbindung und einem biomimetischen Wirkkomplex zur Kariesprophylaxe. Beide Substanzen haben ihre Berechtigung, belegen etwa 300 internationale Studien die Wirksamkeit von Fluorid und mehr als 150 internationale Studien die Wirksamkeit des körpereigenen Minerals Hydroxylapatit (HAP). Die Substanzen stehen sich in nichts nach: HAP wurde die gleiche Wirksamkeit bestätigt. Eine Studie aus den USA belegt sogar die homogenere Remineralisierung.

Kein Fluorid, keine Fluorose

Damit keine weißen bleibenden Flecken auf den Zähnen entstehen, wird eine tägliche Fluoridzufuhr von 0,7 bis 1 mg empfohlen. Die Menge wird von einem 15 kg schwerem Kind jedoch bereits über die Nahrung erreicht. On Top kommt noch das in der Kinderzahnpasta enthaltene Fluorid und gegebenenfalls eine Fluoridzufuhr in Form von Tabletten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, nur eine Fluoridquelle als Prophylaxe einzusetzen. Doch eine genaue Kontrolle ist nicht möglich.

Eine Alternative ist biomimetisch HAP (BioHAP), der das Karies- und Fluoroserisiko senkt. In Japan ist das körpereigene Mineral bereits seit 1985 von der Regierung offiziell als Anti-Karies-Wirkstoff anerkannt. BioHAP ist zu 65 Prozent Bestandteil der Knochen und zu 70 Prozent im Dentin der Zähne enthalten und macht etwa 97 Prozent des Zahnschmelzes aus. Es unterstützt die Remineralisation der Zähne und bildet außerdem auf der Zahnoberfläche eine Schutzschicht aus, auf der Bakterien statt auf dem Zahns anhaften. Die Schutzschicht kann den Zahn zudem vor in der Nahrung enthaltener Säure abschirmen.

HAP ist ein Calcium- und Phosphatlieferant, der den Zahn anders als Fluorid remineralisiert. Die Substanz benötigt nicht unbedingt auf Speichel und kann initiale Kariesläsionen bis in tiefere Zahnschichten remineralisieren. Zum Vergleich: Fluorid kann nur die Oberfläche von initialen Kariesläsionen remineralisieren.

Woher kommt das Fluorid?

Kinder zwischen drei und fünf Jahren sollen pro Tag zwischen 0,05 und 0,07 mg/kg Fluorid zu sich nehmen. Ein Kind mit einem Gewicht von 15 kg sollte demnach zwischen 0,75 und 1,05 mg Fluorid täglich aufnehmen, damit eine geringes Fluoroserisiko besteht. Bei einer Trinkmenge von 0,8 Litern nimmt das Kind bereits etwa 0,24 mg Fluorid zu sich – davon ausgehend, dass ein Liter Wasser etwa 0,3 mg Fluorid enthält. Zusätzlich werden über die Nahrung zwischen 0,45 und 0,5 mg über die Nahrung in Form von Süßigkeiten, Früchten, Gemüse, Getreide- oder Milchprodukten dem Körper zugeführt. Macht summa summarum 0,69 mg zuzüglich 0,25 mg Fluorid aus Fluoridsalz und eventuelle 0,25 mg aus Fluoridtabletten.

Daraus ergibt sich ein Gesamtwert von 1,19 mg – die empfohlene Menge wird überschritten. Fluoridhaltige Zahnpaste ist noch gar nicht einberechnet. Denn das bedeutet ein Plus von 0,5 mg (bei vollständigem Verschlucken) bei zweimal täglich Zähneputzen mit einer erbsengroßen Menge Kinderzahnpasta mit 1000 ppm Fluorid, wie sie für Kinder zwischen zwei und sechs Jahren empfohlen ist. Selbst wenn keine Fluoridtabletten eingenommen werden, wir die Dosis für ein geringes Fluoroserisiko überschritten.

Zu viel, kann tödlich sein

Laut Rechnung des BfR müsste ein 15 kg schweres Kind mindestens 75 mg Fluorid zu sich nehmen, damit eine Vergiftung möglicherweise tödlich endet. Das entspricht zwei Tuben Kinderzahncreme. Allerdings ist dies auf 500 ppm berechnet. Ebenso wie folgendes Beispiel: Isst ein Kind eine Tube Kinderzahnpasta mit 500 ppm (65 g), können Übelkeit und Bauchschmerzen auftreten. Angesichts der doppelten Dosierung von 1000 ppm genügt eine halte Tube für erste unerwünschte Wirkungen und eine ganze für eine Vergiftung.