Als Schutz vor Ausbrüchen

Impfauffrischung für Ukrainer – Priorisierung nötig Alexandra Negt, 15.03.2022 10:52 Uhr

Menschen, die aus der Ukraine nach Deutschland flüchten, weisen oftmals einen lückenhaften Impfschutz auf. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Täglich treffen ukrainische Flüchtlinge in Deutschland ein, mit dem Zug, mit Bussen oder mit dem Auto. Nach der Ankunft müssen sie sich an die hierzulande noch geltenden Corona-Vorschriften halten. Ein Blick auf die Impfquote zeigt, dass diese im Vergleich zu Deutschland sehr niedrig ist – lediglich 35 Prozent der ukrainischen Bevölkerung sind gegen Covid-19 geimpft. Doch auch bei anderen Infektionskrankheiten gilt Nachholbedarf.

Ukrainische Flüchtlinge haben nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Anspruch auf eine medizinische Grundversorgung. Die Kosten für Impfungen als Präventionsmaßnahme werden ebenfalls übernommen. Den Ankommenden kann also direkt ein Impfangebot gemacht werden. Insbesondere bei Corona ist dies wichtig – lediglich 35 Prozent der Ukrainer:innen sind geimpft. Unter 2 Prozent haben bereits eine Auffrischimpfung erhalten. Für alle Personen ab 5 Jahren empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die Immunisierung gegen Sars-CoV-2.

Bei kurzem Aufenthalt priorisieren

Die Erstanlaufstelle dient häufig nur für kurze Zeit als Aufenthaltsort. Entweder geht die Reise weiter zu Verwandten oder Freunden, oder die Flüchtlinge finden eine Bleibe in einer anderen Region in Deutschland. Um die Zeit optimal für Impfungen nutzen zu können, empfiehlt die Stiko eine Priorisierung. Die Covid-19-Schutzimpfung steht über alle Altersgruppen hinweg (ab 5 Jahre) auf Platz 1.

Personen ab 5 Jahre

  1. Covid-19 (zwischen 5 und 12 Jahre nur bei bestehenden Vorerkrankungen, die das Risiko eines schweren Verlaufs erhöhen oder wenn Kontakt zu sehr gefährdeten Personengruppen besteht)
  2. Tdap-IPV (Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis
  3. MMRV (Mumps, Masern Röteln, Varizellen. Personen die vor 1971 geboren sind benötigen keine MMR-Impfung)

Personen zwischen 9 Monaten und 5 Jahren

  1. Tdap-IPV-Hib-HBV (Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis, Haemophilus-influenzae-Typ B, Hepatitis. Oder Verwendung eines 5-fach-Impfstoffes)
  2. MMRV (Mumps, Masern Röteln, Varizellen)

Personen zwischen 2 Monaten und 5 Monaten

  1. Tdap-IPV-Hib-HBV (Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis, Haemophilus-influenzae-Typ B, Hepatitis. Oder Verwendung eines 5-fach-Impfstoffes)

Personen über 60 Jahren sollte eine Pneumokokken-Impfung empfohlen werden. Für Kinder ab 9 Jahre sollte eine HPV-Impfung in Betracht gezogen werden – für Mädchen und für Jungen. Kinder sollten generell gegen Meningokokken geimpft werden. Säuglinge bis zum Alter von 24 Wochen (Rotarix,GSK) beziehungsweise 32 Wochen (RotaTeq, MSD) sollten gegen Rotaviren geimpft werden.

Einzelne Impfquoten in der Ukraine

  • Covid-19: 35 Prozent
  • Mumps-Masern-Röteln: 82 Prozent
  • Polio: 84 Prozent

Für die meisten Impfungen hat das Robert Koch-Institut (RKI) bereits eine Einverständniserklärung auf Landessprache bereitgestellt. In dem Dokument wird über die Schutzimpfung und die Erkrankung, gegen die geimpft wird, und auch über mögliche Nebenwirkungen informiert. Auch Apotheken können diese Vorlagen innerhalb eines Beratungsgespräches nutzen. Dem Impfling wird erläutert, wann eine Impfung eher nicht stattfinden sollte. In einem Kurzfragebogen können Allergien und der aktuelle gesundheitliche Zustand abgefragt werden.

Corona: Für Corona-Impfungen ist das Aufklärungsblatt sehr ausführlich. Jeder Abschnitt ist auf Ukrainisch und Deutsch abgedruckt, sodass Ärzt:innen oder Apotheker:innen Schritt für Schritt mit dem Impfling den Bogen bei Bedarf durchgehen können. Wichtig: In der Ukraine kamen Impfstoffe zum Einsatz, die in der EU nicht zugelassen sind. Ein Impfregime mit Sputnik oder Sinovac wird in Deutschland nicht anerkannt. Die betroffenen Personen müssen sich erneut impfen lassen. Die Impfserie kann mit einem Abstand von 28 Tagen zur vorangegangenen Covid-Impfung gestartet werden.

Abstände beachten

Im besten Fall führt der/die Ukrainer:in einen Impfpass mit sich. Im Beratungsgespräch können Apotheker:innen und PTA auf Impflücken aufmerksam machen. Oberste Priorität hat laut Angaben des RKI aktuell die Covid-Impfung. Die Impfung gegen Masern kann nachfolgend gegeben werden – allerdings muss hier beachtet werden, dass es sich beim MMR-Impfstoff um einen Lebendimpfstoff handelt. Es muss ein zeitlicher Abstand von 14 Tagen eingehalten werden.

Mögliches Impfregime:

  • Tag 1: mRNA-Impfung gegen Corona (1/2)
  • Tag 15: MMR-Impfung mit Lebendimpfstoff
  • Tag 29: mRNA-Impfung gegen Corona (2/2)

Allgemein gilt: Was nicht dokumentiert wurde, wurde nicht gemacht. Personen, die nur mündlich bestätigen, dass sie gewisse Schutzimpfungen erhalten haben, sollten erneut immunisiert werden.