Berufserfahrung

Versand-PTA: „Offizin-Apotheker behandeln uns unfair“ Carolin Bauer, 11.07.2016 10:04 Uhr

Berlin - 

Ein Vorteil der PTA-Ausbildung sind die vielfältigen Arbeitsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen. Angesichts des Fachkräftemangels sind die pharmazeutischen Experten in Offizin-Apotheken besonders begehrt. Melanie Christiane Lauber konnte davon nicht profitieren. Die PTA war lange im Versand tätig und bekam immer wieder Absagen von stationären Apotheken. Zudem wollten ihr die Inhaber die Berufserfahrung nicht anrechnen.

Rezepte überprüfen, Bestellungen kontrollieren, Kunden beraten: Lauber hat nach drei Jahren in stationären Apotheken fünf Jahre in mehreren Versandapotheken gearbeitet und dabei verschiedene Tätigkeiten einer PTA durchlaufen. Sie war unter anderem für DocMorris, Vitalsana und die Shop-Apotheke tätig. Als sie sich vor anderthalb Jahren wieder in einer Offizin-Apotheke bewerben wollte, bekam sie kaum Reaktionen auf ihre Anschreiben.

Als sie bei Apotheken nach dem Grund fragte, habe es geheißen: „Ihr Profil entspricht nicht unseren Anforderungen.“ Die Inhaber seien sehr wählerisch, sagt Lauber. Als sie schließlich doch zum Bewerbungsgespräch eingeladen wurde, gab es unterschiedliche Auffassungen beim Gehalt: „Man wollte mir meine Berufserfahrung nicht anrechnen.“ Angeblich „dürfe“ man dies nicht. Sie habe nicht damit gerechnet, dass sie auf ein Anfängergehalt zurückgestuft werden könnte, so Lauber.

Die Anrechnung der Berufsjahre ist im Bundesrahmenvertrag geregelt. Demnach zählen als Berufsjahre die Zeiten, die nachweislich im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages in Apotheken, pharmazeutischen Zentren, Bezirksapothekeninspektionen sowie Berufsorganisationen, aber auch als Doktoranden, Assistenten, Habilitanden und Dozenten an PTA-Lehranstalten, Pharmazieschulen und pharmazeutischen Instituten verbracht wurden.

Die Tätigkeit, die eine PTA in einer öffentliche Apotheke im Bundesgebiet oder innerhalb der EU ausübe, werde auf die Berufsjahre angerechnet, sagt Adexa-Juristin Minou Hansen. Die Arbeit in der Versandapotheke gehöre dazu. „Diese darf also nach der tariflichen Regelung nicht ausgenommen werden.“ Auch der Bundesverband PTA (BVpta) vertritt diese Position: Pharmazeutische Tätigkeiten in Versandapotheken sollten als Berufsjahre angerechnet werden, sagt Geschäftsführerin Bettina Schwarz.

„Offizin-Apotheken behandeln uns unfair“, kritisiert Lauber. PTA in Versandapotheken bildeten sich genauso fort, um auf dem Laufenden zu bleiben. Zudem würden Versandapotheken sehr streng getestet. „Unsere Berufserfahrung gehört genauso honoriert.“ Nur Rezepturen seien selten gewesen. Letztlich willigte Lauber ein und unterwarf sich den Bedingungen. Schon nach einem halben Jahr in der stationären Apotheke warf sie hin: Sie war mit den Arbeitsbedingungen nicht zufrieden.

Seit August 2015 ist sie wieder für eine Versandapotheke tätig. Bei Medpex (Stifts-Apotheke, Ludwigshafen) nimmt sie derzeit Bestellungen per Telefon an und berät Kunden. Arbeitszeiten und Gehalt stimmten. Vor allem die „Work-Life-Balance“ passe. „Ich bin froh, dass ich aus einer öffentlichen Apotheke raus bin“, sagt sie.