Angst vor Machtkonzentration

Widerstand gegen Abda-Reformpläne Patrick Hollstein, 10.06.2022 14:58 Uhr

Was wird aus dem Apothekertag, was wird aus der Abda? Diese Fragen stellen sich derzeit die Standesvertreter. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Gegen die geplante Strukturreform bei der Abda regt sich Widerstand. Insbesondere bei jenen Kammern, die sich aktiv und auch kritisch in die Berufspolitik einbringen, fürchtet man eine allzu große Machtkonzentration.

Bei Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT), ist der Unmut groß: Nachdem man im Konvent vor wenigen Wochen noch Vertraulichkeit vereinbart habe, seien zahlreiche Details durch den Geschäftsführer der beauftragten Unternehmensberatung ausgeplaudert worden. Da dies auch noch ausgerechnet im Abda-Hausblatt PZ geschah, ist laut Neidel wohl von einer gezielten Lancierung auszugehen.

Dabei gebe es keine Beschlüsse, ja noch nicht einmal Konsens, wie er sagt. Denn insbesondere die Machtkonzentration an der Spitze einerseits und die Entmachtung des Deutschen Apothekertags (DAT) andererseits seien durchaus kontrovers diskutiert worden.

In einem Schreiben an die Kammermitglieder führt er seine Bedenken auf. So sollten Beschlüsse, die von den fast 400 Delegierten der Hauptversammlung des DAT getroffen werden, nicht mehr bindend für die Arbeit der Abda sein. „Vielmehr müssen die durch das Apothekerparlament getroffenen Entscheidungen erst noch die Zustimmung der Abda-Mitgliederversammlung finden. Damit wird aus dem lebendigen berufspolitischen Diskurs ein verzichtbares Theaterstück ohne Wert.“ Die Rechte des DAT würden dadurch reduziert.

Was die Verschlankung der Gremienarbeit angehe, gebe es mit der Auflösung der Abda-Gesamtvorstandes zwar einen durchweg begrüßenswerten Vorschlag. Kritisch sieht er dagegen, dass eine neue hauptamtliche Doppelspitze in allen drei Entscheidungsgremien – Vorstand von Abda, Bundesapothekerkammer (BAK) und Deutschem Apothekerverband (DAV) – mit Stimmrecht vertreten sein soll. „Eine derartige Machtkonzentration kennt die Abda-Geschichte nicht.“

Und weiter: „Warum ohne Not die Kombination aus einem Hauptamt, welches Pro- und Contra-Argumente sammelt und mit Zahlen, Daten und Fakten Beschlussvorlagen vorbereitet, und einem Ehrenamt, welches die Entscheidungen mit dem Hintergrund eines großen Erfahrungsschatzes aus der pharmazeutischen Praxis trifft und diese Position gegenüber den Wählerinnen und Wählern verantworten muss, aufgelöst werden soll, erschließt sich nicht.“

Zugleich fürchtet Neidel, dass die Mitgliedsorganisationen an den Rand gedrängt werden: Da die hauptamtliche Doppelspitze automatisch im BAK-Vorstand vertreten sein soll, bleiben bei fünf vorgesehenen Posten nur drei für Vertreter aus den Ländern übrig. Wenn wie vorgesehen viele Beschlüsse aber bereits in Ausschüssen gefasst werden sollen, deren Mitglieder benannt oder gewählt werden, könne es schnell passieren, dass eine Mitgliedsorganisation in keinem der beiden Gremien vertreten sei und damit keine Möglichkeit habe, eigene Positionen einzubringen. „Dies wird gern als Verschlankung und Professionalisierung bezeichnet. Es ist aber faktisch eine Reduzierung der Mitbestimmungsrechte der Mitgliedsorganisationen der Bundesapothekerkammer.“ Neidel erinnert an die besondere rechtliche Situation der Kammern – und an frühere Gerichtsverfahren zum Austritt aus der Abda.

Die Folgen sind aus seiner Sicht offensichtlich: „Beschlüsse werden von weniger Mitgliedsorganisationen gefasst beziehungsweise mitgetragen und somit kann der jeweilige Beschluss auch weniger Kraft entfalten. Der Gedanke von „Denen da oben“ wird es leichter haben, um sich zu greifen.“ Obendrein würden – heute schon bestehende – Parallelstrukturen verfestigt, von möglichen Konsequenzen durch Fehlbesetzungen ganz zu schweigen. „In jedem Fall wird so die Vertretung des Berufsstandes auf Bundesebene geschwächt. Und dies ist dann eben alles andere als ein mutiger Schritt. Es ist die Entwicklung in eine völlig falsche Richtung“, so Neidel.