Bundesgerichtshof

Wettbewerbsrecht versenkt AMPreisV Alexander Müller, 11.10.2010 14:46 Uhr

Berlin - 

Apotheken verstoßen aus Sicht des Bundesgerichtshofs (BGH) grundsätzlich gegen arzneimittelrechtliche Vorgaben, wenn sie Rabatte beim Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel gewähren. Laut der jetzt vorliegenden Begründung des Gerichts fallen Gutscheine von geringem Wert aber unter die Bagatellgrenze. Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) wird dann von dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) ausgestochen.

Laut BGH sollen die Preisbestimmungen unter anderem den Wettbewerb unter den Apotheken regeln. Bonus-Taler von geringem Wert seien aber nicht geeignet, diesen zum Nachteil sonstiger Marktteilnehmer zu beeinträchtigen. Ein Gegenwert von 40 oder 50 Cent wurde vom BGH als geringwertige Kleinigkeit im Sinne des HWG angesehen. Damit erlaubten die Richter die Gewährung von Bonustalern von geringem Gegenwert, obwohl sie nach den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes unzulässig sind.

Ein Verstoß gegen die Preisbindung liegt den Richtern zufolge auch dann vor, wenn die Apotheke zwar den richtigen Preis berechnet, dem Kunden aber sonstige Vorteile verschafft. Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stelle einen solchen Vorteil dar, so die Richter.

Einem Apotheker wurde es deshalb verboten, bei der Rezepteinlösung Gutscheine im Wert von 5 Euro zu gewähren. Zuzahlungsbefreite Kassenpatienten sowie Privatversicherte könnten hierbei direkt Geld „verdienen“, weil sie zumindest einen Teil der Zuzahlung sparen könnte, so der BGH.

In welcher Höhe Apotheken künftig genau Rabatte gewähren dürfen, steht nach der Entscheidung des BGH noch nicht fest. Die Richter haben nur in den vorgelegten Fällen entschieden. Die Rechtmäßigkeit von Boni von mehr als einem Euro muss jetzt in neuen Verfahren geklärt werden.

Ebenfalls noch offen ist die Frage, ob sich ausländische Versandapotheken an die deutsche AMPreisV halten müssen. Der BGH hat diese Frage bejaht, musste die Sache aber dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe vorlegen, weil das Bundessozialgericht bei einer älteren Entscheidung anderer Ansicht war.