100 Millionen Euro bei Kassen-Verwaltung sparen

Warkens Sparpaket für stabile GKV-Beiträge 13.10.2025 10:35 Uhr aktualisiert am 13.10.2025 14:12 Uhr

Berlin - 

Millionen Versicherte können nach langer Ungewissheit darauf hoffen, dass die Krankenkasse Anfang 2026 nicht schon wieder teurer wird. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will an diesem Mittwoch ein Sparpaket von zwei Milliarden Euro ins Kabinett bringen, das den Druck für Beitragsanhebungen herausnehmen soll. „Dann empfehlen wir, dass der Zusatzbeitrag stabil bleibt“, sagte sie im ARD-„Bericht aus Berlin“. Bremsen will sie vor allem Ausgaben für Kliniken. In der generellen Spardebatte bringen Ärzte lockerere Regeln ins Spiel, ab wann man eine Krankschreibung im Job braucht.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Die gesetzliche Möglichkeit für Arbeitgeber, bereits in den ersten drei Tagen die Vorlage einer Krankschreibung zu verlangen, produziert Abertausende Arztbesuche, die aus unserer Sicht nicht zwingend notwendig wären.“ Er schlug vor, dass man generell erst nach dem vierten oder fünften Krankheitstag eine Bescheinigung vorlegen muss. Dadurch könne das Gesundheitswesen um 1,4 Millionen Arbeitsstunden oder 100 Millionen Euro Kosten entlastet werden.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) kommentierte die Äußerung auf Anfrage zunächst nicht. Für die Regierung geht es jetzt um akute Kostensenkungen, damit die Beiträge zum Jahreswechsel stabil bleiben können. Noch klafft eine Lücke von zwei Milliarden Euro – trotz geplanter Finanzspritzen aus dem Etat für 2026.

Warkens Sparpaket

Warken will deshalb ein Sparpaket umsetzen, das zwei Milliarden Euro bringen soll. Konkret soll zum einen bei den Verwaltungskosten der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) gespart werden. Insgesamt soll der Ausgabenanstieg bei den sächlichen Verwaltungskosten im kommenden Jahr (2026) auf maximal 8 Prozent gegenüber dem Jahr 2024 begrenzt werden. „Durch die Begrenzung des Anstiegs der sächlichen Verwaltungsausgaben von 8 Prozent im Jahr 2026 gegenüber dem Jahr 2024 sparen die Krankenkassen insgesamt einen Betrag in Höhe von rund 100 Millionen Euro ein“, heißt zur Begründung in dem Papier.

Weitere 100 Millionen Euro sollen durch die einmalige Senkung der Fördersumme des Innovationsfonds eingespart werden. Analog zur Absenkung der Gesamt-Fördersumme sollen auch die Fördervolumina für neue Versorgungsformen von 20 Millionen Euro auf 10 Millionen sowie für medizinische Leitlinien von 5 Millionen Euro auf 2,5 Millionen Euro im kommenden Jahr gesenkt werden. Die Kassen sollen im Jahr 2026 von der Finanzierung des Innovationsfonds befreit werden.

Wie viel eine Regelung zur Vergütung der Kliniken spart, wird im Papier nicht beziffert. Nach Kassenangaben kann sie den Großteil der Zwei-Milliarden-Euro-Lücke schließen. Der Chef des GKV-Spitzenverbands, Oliver Blatt, sagte, es solle eine Klausel wegfallen, die Kliniken 2026 rund 1,7 Milliarden Euro ungerechtfertigte Zusatzeinnahmen verschafft hätte. Der Einnahmeanstieg werde auf ein angemessenes Maß begrenzt. „Das ist ein ebenso wichtiger wie überfälliger Schritt.“ Die Deutsche Krankenhausgesellschaft protestierte scharf.

Ein Kabinettsbeschluss am Mittwoch würde quasi in letzter Minute vor der Bekanntgabe einer wichtigen Prognose für die Finanzentwicklung der Kassen für 2026 kommen, die ein Schätzerkreis am selben Tag vorlegen will. Sie ist eine wichtige Orientierung dafür, ob Beitragsanhebungen nötig sind. Das Ministerium bestimmt bis 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag für 2026. Die Kassen orientieren sich daran, wenn sie den konkreten Zusatzbeitrag für ihre Versicherten festlegen. Anfang 2025 hatte es eine Erhöhungswelle gegeben.

Lösung für Pflegebeiträge „in den Endzügen“

GKV-Chef Blatt sagte, ob die Maßnahmen reichten, um die durchschnittlichen Ausgaben mit den durchschnittlichen Einnahmen 2026 in Einklang zu bringen, werde Gegenstand der Beratungen im Schätzerkreis sein. Warken kündigte in der ARD an, dass auch bei der Pflegeversicherung eine Lücke von knapp zwei Milliarden Euro geschlossen werde, um den Beitrag stabil zu halten. „Da sind wir jetzt in den Endzügen uns zu einigen, wie wir diese Lücke schließen wollen.“

Kritik aus der Opposition

Scharfe Kritik kommt derweilen von der Opposition. „Gesundheitsministerin Warken irrlichtert weiterhin durch ihr Amt und hat außer Kürzungsideen nichts zu bieten“, erklärt Ates Gürpinar (Linke). „Die angeschlagenen Krankenhäuser jetzt noch mit einem Sparzwang zu drangsalieren und den Versicherten Zuzahlungen anzudrohen, die nichts anderes als Leistungskürzungen bedeuten würden, ist der falsche Weg.“ Um den Druck auf das Gesundheitssystem zu mindern, dürfe die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) nicht nur turnusmäßig minimal angehoben werden, sondern müsse sofort auf 15.000 Euro brutto monatlich steigen. Nach dieser kurzfristigen Stabilisierung müsse dann eine große Reform folgen, hin zu einer solidarischen Gesundheits- und Pflegevollversicherung, in die alle Einkommensarten und auch Kapitalerträge einzahlen, so Gürpinar.