Tarifvertrag

Mindestlohn: 85 Euro für die Nacht APOTHEKE ADHOC, 23.02.2015 12:16 Uhr

Berlin - 

Rückwirkend zum Jahreswechsel wird jede Stunde im Nacht- und Notdienst mit 8,50 Euro vergütet. Das schreibt der neue Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) vor, auf den sich der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheker (ADA) und die Apothekergewerkschaft Adexa geeinigt haben.

Für den zehnstündigen Zeitraum von 22 Uhr bis 8 Uhr morgens erhalten Apotheker, Pharmazie-Ingenieure und Apothekerassistenten jetzt entweder 5,5 Stunden Freizeit gewährt – statt bisher 3,5 Stunden – oder eine Vergütung von 85 Euro. Der Betrag gilt für alle drei vertretungsberechtigten Berufe und für jede Berufsjahresgruppe.

Laut Tanja Kratt, zweite Vorsitzende und Verhandlungsführerin der Adexa, war die Einigung längst überfällig, denn bisher unterschritt die Nachtdienstvergütung den seit Januar geltenden Mindestlohn. Die seit Juli 2014 geltenden Vergütungsbeträge werden entsprechend im Gehaltstarifvertrag von ADA und Adexa entsprechend angepasst.

„Ein Mindestlohn für Akademiker kann natürlich nur ein absoluter Mindeststandard sein“, so Kratt. „Bei den kommenden Gehaltsverhandlungen wird sich zeigen, inwieweit die Arbeitgeber bereit sind, wirklich angemessene Notdienstvergütungen zu zahlen.“ Kratt geht davon aus, dass viele Arbeitgeber, zumindest in Regionen mit Fachkräftemangel, deutlich über Tarif bezahlen, wenn Mitarbeiter entsprechende Gehaltsforderungen stellen. „Das Problem ist, dass Schul- und Studienabsolventen sich bei der Berufswahl an den Tarifen orientieren. Die öffentliche Apotheke schneidet dann nicht gut ab im Wettbewerb um den Nachwuchs.“

Unverändert bleiben dagegen Notdienste zwischen 18:30 Uhr und 22 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 8 Uhr bis 18 Uhr. Sie werden wie bisher mit 1:1 Freizeitausgleich angerechnet beziehungsweise mit dem tariflichen Stundensatz vergütet.

Zudem sollen die Notdienstzeiten unter den Mitarbeitern proportional zu deren Wochenarbeitszeit verteilt werden. Wenn Notdienste pauschal mit einem übertariflichen Gehalt abgegolten werden, dürfe das Tarifgehalt nicht durch eine hohe Zahl an Notdiensten unterschritten werden. Kratt fordert eine genaue Prüfung: „Bereits der dritte Notdienst in einem Monat führt zu einer untertariflichen Bezahlung.“

Freizeit für geleisteten Notdienst soll zusammenhängend im Folgemonat gewährt werden, fordert die Adexa. Außerdem darf ein Notdienst inklusive der davor und/oder danach geleisteten „normalen“ Arbeitszeit maximal 24 Stunden dauern. Im Anschluss muss Freizeit von mindestens zwölf Stunden gewährt werden. Nur bei dringenden betrieblichen Gründen darf hiervon abgewichen werden.

Besonders umstritten war laut Adexa die von den Arbeitgebern geforderte Neuregelung der Kündigungsfristen: Diese kann nach der Probezeit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber künftig bis zu drei Monate betragen.

Laut Adexa solle dies Apothekeninhabern entgegenkommen, die wegen Fachkräftemangel innerhalb der üblichen Kündigungsfrist von einem Monat keinen Ersatz finden. „Selbstverständlich werden wir aber unsere Mitglieder darüber informieren, dass sie sich die Bindung an längere Fristen für ihre berufliche und private Planung gut überlegen sollten“, sagte Kratt.

Für Mitarbeiter mit Berufsabschluss in Deutschland werden künftig auch Zeiten für die Berufsjahre anerkannt, die im europäischen Ausland geleistet wurden. „In Zeiten zunehmender Mobilität ist dieser Passus begrüßenswert“, so Kratt.

Sonderzahlungen bei wirtschaftlichen Notlagen dürfen künftig nur gekürzt werden, wenn dies vier Wochen zuvor angekündigt wurde. Außerdem müssen Apothekeninhaber ihren PKA-Auszubildenden die Ausbildung zum Ersthelfer bezahlen. Der BRTV gilt in allen Kammerbezirken mit Ausnahme von Nordrhein und Sachsen.

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