„Praxen können Lücken nicht schließen“

Verbände fordern „multiprofessionelle Primärversorgungszentren“ 29.08.2025 14:12 Uhr

Berlin - 

Von wegen Kompetenzgerangel: Um Versorgungslücken zu schließen, fordern der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Verein demokratischer Ärzt:innen (VDÄÄ) und der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) eine engere Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe: Gemeinsam sollen Ärzt:innen, Pflegefachpersonen, Apotheker:innen und weitere Gesundheitsberufe die Patientenversorgung, die Prävention und das Medikationsmanagement effizienter gestalten. Allerdings soll das in gesetzlich vorgeschriebenen multiprofessionellen Primärversorgungszentren geschehen, analog zu den Einrichtungen, wie sie Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplant hatte. 

„Klassische Einzel- und Gemeinschaftspraxen werden die Versorgungslücken nicht schließen. Wir brauchen jetzt multiprofessionelle Primärversorgungszentren, die eine koordinierte, patient:innenzentrierte Versorgung ermöglichen“, erklärt Michael Janßen, Mitglied des Vorstands im VDÄÄ. Primärversorgungszentren bündelten die Kompetenzen unterschiedlicher Gesundheitsberufe unter einem Dach. Sie ermöglichten Prävention und Public-Health-Angebote, nutzten digitale Anwendungen effizienter und verbesserten die Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen, so die Verbände. Damit würden sie auch die Ärzt:innen entlasten.

„Die Arzneimitteltherapiesicherheit für die Patient:innen kann weiter verbessert werden, wenn in interdisziplinären Teams gut ausgebildete Apotheker:innen in festen Strukturen der Primärversorgung einbezogen werden“, erklärt Dr. Udo Puteanus vom VdPP. In Krankenhäusern hätten sie dies als Stationsapotheker:innen bereits zeigen können.

Ohne eine grundlegende Neuaufstellung der Primärversorgung drohen Versorgungsengpässe und Qualitätsverluste, warnen die Verbände. Mit Primärversorgungszentren würden Patient:innen in den Mittelpunkt gestellt und die Ressourcen aller Gesundheitsberufe sinnvoller genutzt werden. In multiprofessionellen Teams könnten Ärzt:innen, Pflegefachpersonen, Apotheker:innen und andere Gesundheitsberufe ihre fachliche Expertise einbringen: von der eigenständigen Bedarfserhebung, über Medikationsmanagement bis hin zur Prävention und Vermittlung von Gesundheitskompetenzen. Internationale Studien würden belegen, dass dies die Versorgungsqualität verbessere.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

„Ohne eine gesetzliche Grundlage für Primärversorgungszentren werden wir die Krise der ambulanten Versorgung nicht bewältigen. Pflegefachpersonen müssen in diesen Teams einen definierten Aufgabenbereich in eigener Verantwortung übernehmen können – das ist multiprofessionell ausgerichtete, zeitgemäße Versorgung“, so Vera Lux, Präsidentin des DBfK.

Die drei Verbände fordern deshalb im Einzelnen:

  • Die Gesetzliche Einführung von Primärversorgungszentren als weitere Regelform der ambulanten Primärversorgung.
  • Investitionsmittel von Bund und Ländern, um die notwendigen Strukturen aufzubauen.
  • Finanzielle Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen, die bisher an überholten kleinteiligen Strukturen festhalten.
  • Gesetzliche Verankerung multiprofessioneller Kompetenzen, damit Community Health Nurses, Pflegefachpersonen (Advanced Practice Nurses) und Apotheker:innen eigenverantwortlich tätig werden können.
  • Ein einheitliches Vergütungssystem, das unabhängig vom Versicherungsstatus gilt und gleiche Behandlungsqualität für alle sicherstellt.