Lobbyismus

Süddeutsche: „Spahn fragt nur die Apotheker“ APOTHEKE ADHOC, 20.01.2019 21:33 Uhr

Nur die Apotheker gefragt? Laut SZ hat Jens Spahn die Kassen nicht zu seinen Honorarplänen für die Apotheker gefragt. Foto: Christof Stache
Berlin - 

„Herr Spahn fragt nur die Apotheker“: So titelt am Sonntagabend die Süddeutsche Zeitung (SZ) online. Die Redaktion bezieht sich auf Antworten auf eine Anfrage der Grünen: Demnach gab es elf Treffen mit Lobbyisten der Apotheker – kein einziges Mal sei ein Treffen mit anderen Akteuren dokumentiert.

„Die Lobbyorganisationen der Apotheker hatten offenbar einen deutlich größeren Einfluss auf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als andere Vertreter des Gesundheitswesens“, schreibt die SZ. Im Zusammenhang mit seinem Vorschlag für ein neues Apothekengesetz „gab es insgesamt elf Termine von Vertretern der Leitungsebene des Bundesministeriums für Gesundheit mit Vertretern der Apothekerverbände“, wird aus einer Antwort auf eine schriftliche Frage der Grünen zitiert. Kein einziges dokumentiertes Treffen mit anderen betroffenen Akteuren wie beispielsweise den Krankenkassen sei dokumentiert.

Heraus gekommen sei ein „sehr teurer Gesetzesvorschlag“, so die SZ: Spahn stelle den Apotheken 375 Millionen Euro in Aussicht, diese forderten 120 Millionen Euro zusätzlich. „Bezahlen werden für diese Finanzspritze die gesetzlichen Krankenkassen. Deren Spitzenverband steht den Apothekern deshalb äußerst skeptisch gegenüber.“ Verwiesen wird auf ein Positionspapier der Kassen aus dem vergangenen Jahr: „In der politischen Diskussion der letzten Jahre standen vor allem Honorarforderungen der Apothekerschaft und weniger die Verbesserung der Patientenversorgung im Vordergrund“, hieß es da.

Die hohe Summe, die Spahn den Apotheken in Aussicht stelle, sei als „eine Art Trostpflaster zu verstehen“, schreibt die SZ weiter und erklärt den Streit um das Rx-Versandverbot. Die Ankündigung der ABDA, ohne ein Verbot von Rx-Boni wieder das Rx-Versandverbot auf die Agenda zu nehmen, bezeichnet die SZ als „recht unverhohlene Drohung“. Dass Spahn selbst die Kompromissbereitschaft als gute Nachricht sieht, stößt bei der Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche auf Kritik: „Solange Jens Spahn Politik für nur einzelne Interessenvertretungen und Verbandsfunktionäre macht, oder es besser gesagt versucht, bleiben die eigentlichen Probleme der Apothekenversorgung auf der Strecke.“

Die ABDA hatte dem acht Punkte enthaltenden Plan B von Spahn am Donnerstag einen eigenen Sechs-Punkte-Plan entgegengestellt: Wichtigster Punkt ist aus ABDA-Sicht die Gewährleistung der Gleichpreisigkeit. Dazu soll – wie von Spahn vorgeschlagen – die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ins SGB V überführt werden. Es dürfe keine Veränderung des Anwendungsbereich geben. Das Boni-Verbot müsse mit Sanktionsmöglichkeiten verknüpft werden, fordert die ABDA. Auch an Privatversicherte dürften keine Boni gezahlt werden.

Nach Einschätzung von ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz ist ein Boni-Verbot im SGB V machbar: „Dort gelten andere Bewertungen.“ Erklärte Absicht sei, mit diesem Vorschlag die Boni-Frage wieder vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu bringen, begründete der ABDA-Präsident. „Die Maßstäbe beim EuGH sind anders, wenn er sich mit dem Sozialrecht befasst“, ergänzte der Hauptgeschäftsführer.

Ziel des ursprünglichen Plan B von Spahn und des darin enthaltenen Deckels für Rx-Boni sei eine „klagefreie Lösung“ gewesen, erläuterte Schmidt. Dieses Ziel sei aber durch die Klage-Ankündigung von inländischen Versendern ohnehin nicht mehr erreichbar. „Wir wollen den EuGH nochmals mit dieser Frage befassen“, so Schmidt. Keine Aussage enthält der ABDA-Plan zur von Spahn vorgeschlagenen Begrenzung des Marktanteils für ausländische Versender auf 5 Prozent.

Die ABDA begrüßt den Vorschlag von Spahn, 240 Millionen Euro für zusätzliche Dienstleistungen bereitzustellen. Dazu fordert die ABDA die Einrichtung eines Fonds, die Schaffung einer Rechtsgrundlage. Die Leistungen sollen von der Apothekerschaft definiert werden. Abgelehnt wird Spahns Vorschlag, den Botendienst neu zu ordnen. Die heutige Regelung sei ausreichend, so der ABDA-Präsident. Damit solle die Abgrenzung zum Versandhandel erhalten bleiben.

Am 11. Dezember hatte Spahn der ABDA-Mitgliederversammlung seinen 375 Millionen Euro schweren Plan B präsentiert. Danach dürfen die Kassen ihre Versicherten nicht in die Arme der ausländischen Versandapotheken treiben und keine Einzelverträge mit abweichenden Preisen schließen. Auch das „Makeln“ von E-Rezepten will Spahn verbieten. Diesen Punkt hat die ABDA in ihren Katalog ebenso übernommen wie die Verdoppelung des Nacht- und Notdienstfonds (NNF). Insgesamt soll das Fixhonorar zweckgebunden um 48 Cent je Rx-Packung steigen. Durch die Erhöhung des Festzuschlags zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes auf 32 Cent je abgegebener Packung eines Rx-Fertigarzneimittels wird die Notdienstpauschale verdoppelt. Je geleistetem Vollnotdienst erhält eine Apotheke dann circa 550 Euro.

Akzeptiert hat die ABDA auch die Erhöhung der BtM-Vergütung um 15 Millionen Euro. Dies trage dem Dokumentationsaufwand Rechnung. Als weiteren Punkt in ihren Katalog aufgenommen hat die ABDA die Forderung nach zwingender Mitgestaltung und Mitbestimmung bei der Etablierung digitaler Strukturen in Apotheken wie beispielsweise die vorgesehene Einführung des E-Rezepts.