Entscheidung auf 2023 vertagt

Stufenplan für Biosimilar-Austausch Patrick Hollstein, 28.07.2022 12:01 Uhr

Der G-BA bekommt ein Jahr mehr Zeit für eine Regelung zu Biosimilars. Foto: Svea Pietschmann
Berlin - 

Eigentlich sollten Biosimilars ab diesem Jahr automatisch in der Apotheke ausgetauscht werden, doch angesichts der Komplexität gab es massive Bedenken. Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinG) wird die Frist verlängert – und ein Stufenplan vorgeschlagen.

„Spätestens bis zum 16. August 2022 gibt der Gemeinsame Bundesausschuss [...] Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch Apotheken“, heißt es in § 129 Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Regelung war mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) im Jahr 2019 eingeführt und mit langer Vorlauffrist versehen worden.

Trotzdem gab es zuletzt einen lebhaften Schlagabtausch zu dem Thema. Während die Kassen sparen wollen, sehen Hersteller-, Ärzte- und Apothekerverbände ganz praktische Probleme. Stichwort: Compliance. Josef Hecken hatte als Vorsitzender des G-BA zwar eine Kompromisslösung in Aussicht gestellt, sich aber noch bei der Anhörung vor zwei Wochen nicht in die Karten gucken lassen.

Für viele Beteiligte war eine politische Lösung der einzige Ausweg. Genau die gibt es jetzt. Die Frist für den G-BA wird um ein Jahr verlängert, außerdem gibt es eine Segelanweisung: „Dabei soll der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten geben“, heißt es.

Mit anderen Worten: Im Zytolabor müsste dann das jeweilige Rabattprodukt eingesetzt werden, im HV könnten die Patient:innen weiterhin ihr gewohntes Präparat bekommen. Dann aber müssten die Sterillabore viele unterschiedliche Hersteller vorrätig haben, was wiederum mit Blick auf Anbrüche problematisch sein könnte. Auf Nachfrage hat sich der Verband der Zytostatika-zubereitenden Apotheken (VZA) noch nicht geäußert.

Ein solches Modell hatte auch schon Hecken selbst angesprochen: Weil auch Risiken bestünden, wenn Patient:innen bei solchen Therapien in der Apotheke umgestellt würden, schwebe ihm ein „einschleichendes“ Modell vor. So könne er sich vorstellen, den Austausch bei der Verwendung in Apothekenzubereitungen stringenter zu behandeln als bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln. „Es wird einen gewissen Spielraum geben.“

Wie die Kassen sieht auch Hecken die Notwendigkeit für umfassende Einsparungen in diesem Bereich: In den kommenden Jahren würde Biopharmazeutika mit einem jährlichen Umsatzvolumen von 4 Milliarden Euro patentfrei – hier sei aber eben nicht mit einem ähnlichen Preisverfall wie bei Generika zu rechnen: Statt auf 5 Prozent komme man vielleicht auf 25 Prozent des Originalpreises, was auch mit den Herstellungskosten zu tun habe. „Aber wenn solche Entlastungseffekte wegfallen, müssen wir gut überlegen, wie wir damit umgehen wollen, und uns einer Austauschbarkeit nähern, ohne das Patientenwohl zu gefährden“, so Hecken im Mai.