Zuschlag für die Belieferung

Streit um Impfzentrum: Apotheken drohen mit Klage Alexander Müller, 14.03.2022 10:18 Uhr

Im bayerischen Weiden gibt es Streit über die Belieferung des Impfzentrums. (Symbolbild) Foto: Bihlmayer Fotografie/Shutterstock.com
Berlin - 

Die Versorgung der Arztpraxen mit Covid-19-Impfstoffen zählt zu den neuen Aufgaben der Apotheken in der Pandemie. Einige haben sogar das große Los gezogen und die Impfzentren mit Vakzinen versorgt. Im bayerischen Weiden gibt es deshalb jetzt Ärger. Denn die Apotheken fordern eine rotierende Belieferung. Weil sie bei den zuständigen Stellen damit aber bislang auf Granit beißen, droht ihr Sprecher nun mit Klagen gegen die Verwaltung.

Das Impfzentrum in Weiden ist für die kreisfreie Stadt selbst sowie den umliegenden Landkreis Neustadt an der Waldnaab zuständig. Nach der Umstellung auf eine dezentrale Versorgung im Herbst 2021 wollte sich das Impfzentrum eigentlich vom Universitätsklinikum beliefern lassen, aber dort waren nicht alle Impfstoffe verfügbar. Also wurde die Augustinus-Apotheke beauftragt, die ebenfalls in mittelbarer Nähe zum Impfzentrum liegt. Die Versorgung läuft problemlos, alle sind zufrieden.

Nicht ganz: Ein Kollege habe bei ihm nachgefragt, warum eigentlich immer dieselbe Apotheke das Impfzentrum beliefert, berichtet Apotheker Andreas Biebl. Er ist im örtlichen Apothekerverband Sprecher der Apotheken in Weiden. Er selbst habe sich bis dahin noch keine Gedanken über die Liefersituation gemacht, sondern nur seine umliegenden Praxen versorgt.

Doch jetzt befasste er sich eingehender mit dem Thema und fand in der „Allgemeinverfügung zur Sicherstellung der flächendeckenden Verteilung von Impfstoffen gegen COVID-19“ im Abschnitt über die Vorschriften zur Belieferung der Impfzentren eine Vorgabe zur Auswahl der Apotheken – samt einem recht unmissverständlichen Hinweis auf den Gleichbehandlungs- und Nichtdiskriminierungsgrundsatz. „Nach Möglichkeit soll die Aufteilung einer Bestellung auf verschiedene gleichgestellte Apotheken erfolgen oder zwischen mehreren in Frage kommenden Apotheken gewechselt werden.“

Wechsel der Lieferapotheke vorgesehen

Also schrieb Biebl an das Bayerische Rote Kreuz als Betreiber des Impfzentrums sowie den Oberbürgermeister von Weiden und den Landrat des Landkreises Neustadt. Er verwies auf die Allgemeinverfügung und darauf, dass auf die Einhaltung der vergaberechtlichen Grundsätze den beauftragenden Stellen zufalle. „Meinem Wissen nach ist ein Wechsel der Lieferapotheke bislang nicht erfolgt.“ Bei der Koordination könne er gerne behilflich sein.

Vom Verwaltungsleiter des Impfzentrums und dem OB von Weiden erhielt Biebl ein fast identisches Antwortschreiben samt Begründung für die aktuelle Situation. „Maßgeblich für die Wahl der Apotheke waren regierungsseitig zum einen eine geografische Nähe zu den Impfzentren, um möglichst kurze Transportwege des Impfstoffs im aufgetauten Zustand sicherzustellen, zum anderen musste die Lager- und Zufuhrkapazität zu unserem Bedarf an Impfstoffen passen.“ In Absprache mit dem ärztlichen Leiter sowie den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden sei die Wahl dauerhaft auf eine Apotheke gefallen, auf die alle Kriterien zutreffen.

Ein wiederholter Wechsel der Apotheke kommt für das Impfzentrum nicht infrage: „Ein Rotationswechsel würde uns vor logistisch extrem erschwerte Herausforderungen stellen, da jede Woche neue Rezepte versandt werden müssten, und die entsprechende Abholung durch weitere Abholwege auch verkompliziert würde.“ Den Einwand der Gleichbehandlung verstehe man zwar, er sei aber mit Blick auf die Auswahlkriterien nicht verletzt. Zum jetzigen Zeitpunkt sei ein Abwechseln der Apotheken daher nicht vorgesehen.

DRK befürchtet Mehraufwand

Biebl findet die Argumente schwach. Die Entscheidung, seinerzeit die Apotheke in unmittelbarer Nachbarschaft zum Impfzentrum zu beauftragen, sei sicherlich richtig gewesen. „Inzwischen sind jedoch mehr als vier Monate vergangen und es erscheint zumutbar, die mit der Vergabe verbundenen rechtlichen Vorgaben vollumfänglich zu beachten“, schreibt der Apotheker in seinem zweiten Brief. Die räumliche Nähe sei zudem offenbar nicht immer ausschlaggebend. Immerhin würden Impfstoffe aus dem zentralen Lager des Universitätsklinikums in Regensburg beschafft. Und die Außenstellen des Impfzentrums in Pressath und Vohenstrauß würden auch nicht von den dortigen Apotheken beliefert, sondern wiederum von der Augustinus-Apotheke.

Eine besondere logistische Herausforderung kann Biebl in einem Wechsel der Apotheken ebenfalls nicht erkennen. „Es müssen sowieso jede Woche neue Rezepte ausgestellt und versandt werden, schon allein um der Vorbestellung und Abrechnung des wöchentlich wechselnden Mengenbedarfs an Impfstoffen Rechnung zu tragen. Weitere Abholwege fallen für das Impfzentrum auch nicht an, da die bestellten Impfstoffe von den Apotheken selbstverständlich frei Haus geliefert werden.“ Daher bat er nochmals, die Vergabepraxis umzustellen, „da ich sonst nicht verhindern kann, dass einzelne benachteiligte Apotheken den Klageweg beschreiten“. Auf dieses zweite Schreiben hat Biebl bislang keine Antwort erhalten, weder vom Impfzentrum noch von den Behörden.

Biebl wundert, dass sich vor allem die Justiziare bei der Stadt und dem Landkreis nicht für die Vorgaben der Verordnung zu interessieren scheinen. „Der Impfstoff gehört dem Staat und ist mit Steuergeldern finanziert. Dann sollte auch die Verteilung gerecht abgewickelt werden, so wie es der Verordnungsgeber es ja auch offensichtlich wollte“, so der Apotheker. Aktuell sei mit der Belieferung der Impfzentren angesichts der geringen Impfbereitschaft zwar „kein Blumentopf zu gewinnen“, aber den Kolleginnen und Kollegen gehe es auch um die Gerechtigkeit. Und schließlich weiß niemand, wie die Situation im Herbst sein wird und ob die Impfstofflogistik nicht auch wieder ein lohnendes Geschäft werden kann.

Apotheken drohen mit Klage

Sandro Galitzdörfer ist Geschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes. Er betonte auch gegenüber APOTHEKE ADHOC, dass die aktuelle Regelung mit den Kreisverwaltungsbehörden abgesprochen sei. Derzeit habe man keine Veranlassung, die Apotheke zu wechseln. Die Frequenz sei ohnehin gerade „sehr überschaubar“, Impfstoff werde nur noch alle sechs Wochen bestellt.

Dass die Außenstellen in Pressath und Vohenstrauß nicht von Apotheken vor Ort beliefert werden, entspricht laut Galitzdörfer einer Absprache mit der Polizei, für die der Überwachungsaufwand ansonsten steigen würde. Deswegen fahren Kuriere vom Impfzentrum zu den Außenstellen. Das wird sich aber ebenfalls bald erledigt haben, da aufgrund der geringen Nachfrage komplett auf mobile Impfteams umgestellt werden soll. Wiederum mit einer zentralen Impfstoffbelieferung, wie Galitzdörfer bestätigt, „sonst wird der logistische Aufwand viel zu groß“. Ob andere Apotheken aus Weiden dann tatsächlich gegen die Vergabe klagen, bleibt abzuwarten.