Apothekenhonorar

Streikende Apotheker und zufriedene Kunden Carolin Bauer, 05.09.2012 13:05 Uhr

Esslingen - 

Geschlossene Apothekentüren gegen die geplante Honoraranpassung: Baden-Württemberg hat mit Warnstreiks ein deutliches Signal an die Politik gesendet. Rund 60 Apotheken haben sich an dem Protest beteiligt. Mit roten Plakaten und Handzetteln haben die Angestellten die Kunden vor der Apotheke informiert. Medikamente wurden nur über die Notdienstklappe verteilt. In einer Woche sollen die Streiks auf den Südwesten Deutschlands ausgeweitet werden.

Es war ein ruhiger Vormittag in der Esslinger Innenstadt: Marktstände säumten die Straßen, Touristen bestaunten das Fachwerk und Passanten waren mit ihren Einkäufen beschäftigt. Der erste Protest der Apotheker blieb „friedlich“ – ohne Kundgebungen oder Trillerpfeifen machten sie durch verschlossene Türen und rote Warnstreikplakate auf sich aufmerksam.

Doch die Apotheker hatten sich und ihre Mitarbeiter gut auf die Streikmaßnahme vorbereitet. „Wir haben vorher die umliegenden Geschäft informiert“, sagt Stephan Mielke, Inhaber der Schwan-Apotheke am Marktplatz. Auch die Angestellten scheuten den Protest nicht. Vor den Apotheken standen sie demonstrativ in weißen Kitteln und verteilen Handzettel. Medikamente wurden nur über die Notdienstklappe abgegeben.

Der Streik gegen die geplante Anpassung um 25 Cent sei gerechtfertigt, lautet der Tenor der teilnehmenden Apotheken. „Die Reserven sind ausgeschöpft, es geht nicht mehr“, sagt Mielke.

 

„Die Aktion ist gut und wir sammeln schon fleißig Schuhe, um sie auf die Politik zu werfen“, sagt Apotheker Christoph Mauz. Bisher seien die Rückmeldungen nur positiv gewesen. „Ein bundesweiter Streik wäre wichtig“, sagt Elif Kurtyolu, PTA in der Stadt-Apotheke. Auch sie verteilt Flyer an die Kunden. „Die Patienten müssen jedoch während des Streiks versorgt sein“, so Kurtyolu.

Trozt Wartezeiten erhalten die Apotheker von ihren Kunden Rückendeckung: „Über diese Honoraranpassung kann man nur lachen“, sagt eine Frau. Ein anderer Patient hat kein Problem damit, sein Medikament ausnahmsweise über die Notdienstklappe zu erhalten: „Wir brauchen die Apotheken hier. Ist es der Regierung nicht klar, dass es zu einem Mangel kommt, wenn sie weg sind?“

Obwohl der erste Aufschlag ruhig war und lange Warteschlangen in der Innenstadt ausbleiben: Der Protest zeigt Wirkung. Vielen Kunden wussten vorher nichts über die finanziellen Probleme der Apotheken.

Auch unter den Apothekern formiert sich immer mehr Geschlossenheit: Am kommenden Mittwoch soll es in drei Bundesländern zu flächendeckenden Warnstreiks kommen. „Nach punktuellen Maßnahmen gehen wir jetzt gemeinsam mit den Apothekerverbänden im Saarland und Rheinland-Pfalz in die Fläche. Die Politik muss spüren, dass es uns ernst ist“, erläutert Fritz Becker, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes (LAV) Baden-Württemberg.

 

 

Die Warnstreiks in den 60 Apotheken seien ein erstes Signal in Richtung Politik gewesen, so Becker. „Da bislang kein angepasstes Honorarangebot vorgelegt wurde, gehen wir mit den Warnstreiks in die nächste Runde.“ Dabei hofft der LAV auf eine breite Beteiligung. Die Mitglieder wurden heute über die weiteren Streikpläne informiert.

Die Apotheker in Esslingen sind zu weiteren Kampfmaßnahmen bereit: „Wir machen wieder mit“, sagt Mauz, Inhaber der Rats-Apotheke. Für den Protest hat er seine Apotheke demonstrativ leer geräumt. „Ich bin überzeugt, dass auch die ganztägigen Streiks funktionieren“, betont Apotheker Christopf Mühlschlegel.

Mielke verweist zudem auf die Zukunft: „Wir haben in der Vergangenheit viel kompensiert, aber es geht an die Substanz. Unter diesen Bedingungen k„nnen wir keine Qualitätspharmazie mehr anbieten.“