Sterilrezepturen

AOK verschiebt Zyto-Ausschreibung Julia Pradel, 09.05.2016 15:09 Uhr

Berlin - 

Eigentlich wollte der AOK-Bundesverband schon im Juli seine Verträge über Zytostatika-Zubereitungen aus Apotheken beginnen. Nachdem die Frist verlängert wurde, hätten die Apotheker eigentlich bis morgen ihr Angebot einreichen müssen. Am vergangenen Freitag wurden die Termine nun kurzfristig ein zweites Mal nach hinten verschoben. Die Verträge sollen nun erst im August beginnen.

Die AOK hat im März die Versorgung mit Sterilrezepturen in fünf Bundesländern ausgeschrieben – Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein. Ursprünglich hätten Interessenten bis zum 27. April ein Angebot einreichen können. Daran wären sie bis Mitte Juni gebunden gewesen und nach der Zuschlagserteilung hätte es im Juli losgehen sollen.

Bereits im April, und nun erneut, wurden diese Fristen verlängert. Apotheker haben jetzt bis zum 24. Mai Zeit, ein Angebot beim AOK-Bundesverband in Berlin einzureichen. Bis Anfang Juli läuft die Bindefrist, im August sollen die Verträge dann starten. Über diese Änderung wurden die Bewerber am Freitagnachmittag per Fax und E-Mail informiert. Auf die aktualisierten Unterlagen konnten sie ab heute online zugreifen.

Besonders ärgerlich ist für Apotheker die kurzfristige Terminänderung. Wer mit Blick auf Feier- und Brückentag sowie Wochenende sichergehen wollte, dass seine Unterlagen rechtzeitig am Montagmorgen in Berlin sind, musste sich in der vergangenen Woche sputen – ganz umsonst. Denn für die Erstellung eines Angebots dürfen ausschließlich die aktuellen Angebotsblätter und geänderten Rahmenverträge verwendet werden. Apotheker, die bereits ein Angebot abgegeben haben, dürfen dieses noch bis zum Ende der Angebotsfrist zurücknehmen.

Warum die Angebotsfrist und der Vertragsstart nach hinten verschoben wurden, erklärte die AOK in dem Schreiben nicht. Auf Nachfrage sagte ein Sprecher: „Wir werden uns zu laufenden Vergabeverfahren nicht äußern.“

Apotheker, die sich an der Ausschreibung beteiligen wollen, müssen zahlreiche Vorgaben erfüllen. Sie müssen insgesamt 15 Eigenerklärungen unterzeichnen, etwa zu den Ausgangsprodukten, den Räumlichkeiten, zum Personal sowie zur Bereitstellung von Zubereitungen und einem Notfallplan. So verpflichten sich die Apotheken beispielsweise dazu, Zytostatika spätestens 30 Minuten vor der vom Arzt vorgesehenen Applikationszeit zu liefern. Voraussetzung dafür ist, dass die Praxis bis 14 Uhr des Vortages bestellt hat. Im Notfall müssen Zytostatika „in der Regel“ innerhalb von 45 Minuten geliefert werden.

Außerdem muss die Apotheke einen Plan B haben: Für den Fall eines Lieferengpasses, den die Apotheke zu verantworten hat, muss sie eine Filialapotheke, Apotheke, Krankenhausapotheke oder einen Herstellbetrieb als Ersatz nennen. Der Vertreter muss bei Einschränkungen der Lieferfähigkeit oder bei drohendem Lieferausfall die geforderten Zytostatika rechtzeitig liefern – unter Beachtung aller Vorgaben des Vertrags und zur vorgesehenen Applikationszeit.

Wer ein Angebot abgeben möchte, muss das Produktblatt für den jeweiligen Postleitzahlenbereich ausfüllen, für den er sich bewirbt. Darin muss für jeden angeführten Wirkstoff – die Liste unterscheidet sich je nach Region – einen Preis angeben. Damit muss alles abgegolten sein: der Einkauf der Wirkstoffe, die Herstellung sowie die verwendeten Infusions- beziehungsweise Leerbeutel und Trägerlösungen.

Anders als in der Hilfstaxe geregelt, dürfen Apotheker keine Verwürfe mehr abrechnen, auch diese sollen eingepreist werden. Besonders pikant: Bei zahlreichen Präparaten geht die AOK von 0 Prozent Verwurf aus. Darunter sind in einigen Gebieten auch Wirkstoffe, die laut Hilfstaxe nur acht Stunden haltbar sind, etwa Bortezomib oder Paclitaxel-Albumin. Die Angaben basieren auf dem früheren Verordnungsverhalten der Ärzte und den abgerechneten Wirkstoffen.

Ein Apotheker, der sich für ein Losgebiet bewerben möchte, muss für jeden der dort genannten Ausgangsstoffe ein Angebot abgeben. Wer das nicht tut, wird bei der Vergabe nicht berücksichtigt. Für Wirkstoffe, die derzeit noch nicht aufgeführt werden, aber trotzdem verordnet werden, sollen während der Vertragslaufzeit Preise verhandelt werden.

Die Preise für die fertige Zubereitung dürfen nicht über denen der Hilfstaxe liegen – diese stellt eine Obergrenze dar, „welche während der gesamten Vertragslaufzeit nicht überschritten werden darf“, heißt es in den Ausschreibungsunterlagen. Überzieht ein Apotheker den Preis, bekommt er die Differenz nicht erstattet. Als Stichtag gilt der auf dem Rezept angegebene Tag der Abgabe der Zubereitung.

In den Bewerbungsunterlagen betont die AOK noch einmal, dass bei exklusiven Belieferungsverträgen das Apothekenwahlrecht des Versicherten nicht gilt. Dabei verweist sie auf die Entscheidung des BSG aus dem November 2015.

Zytostatika-Zubereitungen würden – wie gesetzlich vorgeschrieben – vom Arzt in der Apotheke bestellt und von dieser Apotheke direkt an die ärztliche Praxis geliefert, erklärt die AOK. „Patienten haben damit kein rechtlich geschütztes Interesse an der Wahl einer bestimmten Apotheke und sind – wie behandelnde Ärzte auch – auf den wirtschaftlichsten Versorgungsweg beschränkt.“