Bundesgesundheitsministerium

Spitzenzeugnisse für SPD-Genossen? Alexander Müller, 31.10.2009 11:35 Uhr

Berlin - 

Gestern hat der neue Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) die Leitung des Ministeriums übernommen. Ulla Schmidt (SPD) ist weg, doch die Sozialdemokraten igeln sich im BMG ein. Kurz vor dem Führungswechsel wurde auf Drängen des Personalrats eine Beurteilungsrunde beendet. Zuvor hatte der Vorsitzende Klaus Böttner zur Eile aufgerufen. Der Personalratschef findet das Vorgehen unproblematisch.

Wer im Ministerium auf der Karriereleiter nach oben klettert, das hängt maßgeblich von den Bewertungen des jeweiligen Vorgesetzten ab. Das Prinzip funktioniert aber ein bisschen anders als in der freien Wirtschaft: Bei den so genannten „Regelbeurteilungen“ werden alle Dienststellen gleichzeitig beurteilt, Bestnoten werden dabei nur an einen bestimmten Prozentsatz der Beamten vergeben werden - im BMG dürfen derzeit nur 10 Prozent die Note 1 und 20 Prozent eine 2 erhalten.

Bei der Erfüllung dieser je nach Ministerium variierenden Quote spiele das Parteibuch zuweilen eine größere Rolle als die Leistung der Mitarbeiter, berichten Insider. Die Parteien sicherten sich so ihren Einfluss in den Ministerien, auch wenn sie das Ressort an den politischen Gegner abtreten müssen.

Nun wird hinter vorgehaltender Hand behauptet, im BMG seien kurz vor dem Führungswechsel vor allem die Genossen mit ausgezeichneten Bewertungen ausgestattet worden. Bei späteren Beförderungen spielen die Noten die zentrale Rolle - auf lange Sicht würde demnach auch nach Schmidts Abgang kein Weg an den SPD-Köpfen vorbei führen.

Ausgetauscht werden bei einem Regierungswechsel zwar vor allem die politischen Beamten, also die Staatssekretäre und Abteilungsleiter. Die Beamten auf den unteren Ebenen erreicht die Parteilinie trotzdem, denn sie werden ihrerseits von ihren Vorgesetzten bewertet. Nicht jeder kann ohne Weiteres in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden - Rotationen innerhalb des Ministeriums sind aber immer möglich. Und Abstellgleise gibt es in jeder Behörde.

Personalratschef Böttner hält den Vorwurf für vollkommen abwegig: „Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass diese Beurteilungsrunde gefärbt sein könnte“, sagte er gegenüber APOTHEKE ADHOC. Überhaupt hätten erst wenige Mitarbeiter von ihren Bewertungen erfahren; es könne sich also maximal um Vermutungen handeln.

Die letzte Regelbeurteilung im BMG liegt Böttner zufolge schon vier Jahre zurück. Beförderungen dürfen aber nur mit Bewertungen begründet werden, die nicht älter als drei Jahre sind. Deshalb wurde eine neue Richtlinie vereinbart, damit künftig der Drei-Jahres-Turnus eingehalten wird. Die jüngste Beurteilungsrunde begann im April.

Doch offenbar ging das ohnehin verspätete Bewertungsverfahren in den Abteilungen nur schleppend voran; eigentlich sollte es schon im Juli abgeschlossen sein. In einem internen Schreiben vom 1. Oktober, das APOTHEKE ADHOC vorliegt, bemängelte Böttner, dass aus einzelnen Abteilungen noch immer nicht alle Beurteilungen vorlägen. Der Grund: „Die Einhaltung der vorgegebenen Quote bei den Spitzennoten verursacht erhebliche Schwierigkeiten“, so der Personalratschef, der anschließend deutlich wird: „Wir bedauern diesen Zustand, der ein Führungsproblem offenbart.“

Vier Tage nach der Bundestagswahl schrieb Böttner, es müsse nun endlich vorangehen „und die überfälligen Personalmaßnahmen vollzogen werden“. Zum Schluss heißt es: „Nicht nur die Beförderungen und Höhergruppierungen hängen vom Beurteilungsverfahren ab, sondern ebenso die Entscheidungen über beabsichtigte Verbeamtungen und über die Nachbesetzung ausgeschriebener Referatsleiter/innen-Dienstposten.“

Dass der Personalrat noch kurz vor dem Schichtwechsel die Grundlage für künftige Beförderungen schaffen wollte, ist Böttner zufolge Zufall: „Das hat nichts mit der Wahl zu tun.“ Die Gefahr, dass noch jemand „gepusht“ werde, sei sogar geringer, als wenn die Noten früher vergeben worden wären, so Böttner.

Ob in der Runde am Ende Parteimitglieder überproportional berücksichtigt wurden, bleibt unklar. Doch das Hauruck-Verfahren legt den Verdacht nahe, dass man den Grundstein für künftige Beförderungen lieber vor dem Führungswechsel legen wollte - schließlich wird ja von oben nach unten bewertet. Zudem kann die neue FDP-Führung die Bewertungsregeln inklusive Quotierung jederzeit ändern.