Emix-Affäre

Spiegel: Spahn kaufte mangelhafte Masken Patrick Hollstein, 11.02.2022 15:13 Uhr

Der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn wird die Maskenaffären nicht los. Foto: BMG/Xander Heinl (photothek)
Berlin - 

Zum Maskendeal von Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit der Firma Emix tauchen weitere pikante Details auf. Demnach kaufte der Bund Schutzmasken bei dem Anbieter aus der Schweiz, die zuvor in Bayern bei einer Prüfung durchgefallen waren.

In seiner aktuellen Ausgabe berichtet der „Spiegel“ darüber, dass im Frühjahr 2020 eine Lieferung von rund 500.000 Masken aus dem Zentrallager in Garching wieder abgeholt werden musste, weil sie bei einer Kontrolle durchgefallen und als „gesperrt“ eingestuft worden waren.

Die Ware ging aber nicht zurück an die Lieferanten Emix, sondern – wie laut „Spiegel“ eine Ministerialdirektorin aus dem bayerischen Gesundheitsministerium notierte – ans Zentrallager des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) in Thüringen: Laut angehängtem Schreiben hatte das Unternehmen eine Spedition angewiesen, die Ware „direkt ans BMG in Apfelstädt zu liefern“. Die Beamtin gab die Anweisung demnach in ihrem Haus weiter.

Was aber wollte das BMG mit Masken, die als nicht „frei verkehrsfähig“ in Europa eingestuft worden waren? Gegenüber dem „Spiegel“ verweigere das BMG auf Anfrage jede Auskunft zu „Vertragsdetails und Abwicklung“. „Auch zu allen anderen Fragen rund um den merkwürdigen Deal nur Schweigen – das hat sich auch unter dem neuen SPD-Minister Karl Lauterbach nicht geändert“, heißt es im Bericht.

Emix ließ demnach Fragen ebenfalls weitgehend unbeantwortet. Im Gesundheitsministerium in München wollte man nicht wissen, „wer der konkrete Adressat“ gewesen sei, an den „die abgelehnte Ware“ weitergehen sollte. „Dabei ließ der gelb markierte Hinweis in der Mail keine Fragen offen: ‚ans BMG in Apfelstädt‘“, so der „Spiegel“.

Laut Emix ließ der Bund die Masken vom TÜV Nord prüfen, wie es im Bericht heißt. Beanstandungen habe es nicht gegeben – doch laut „Spiegel“ mussten Millionen anderer Masken, die ebenfalls der TÜV Nord freigegeben hatte, später wegen Qualitätsmänglen aus dem Verkehr gezogen werden.

In Bayern hatte laut Bericht das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit die Emix-Masken wegen fragwürdiger Papiere abgewiesen. Emix hatte demnach „Zertifikate“ einer Prüforganisation aus Italien namens ECM vorgelegt – die laut Bericht aber gar keine CE-Kennzeichen vergeben darf, sondern vielmehr selbst vor einem „eklatanten Missbrauch und der Fälschung von Zertifikaten“ unter ihrem Namen warnte.

Hätten die Prüfer nicht interveniert, hätte Bayern wohl den Spitzenpreis von 8,90 Euro und damit insgesamt knapp 5 Millionen Euro zahlen müssen – für Masken des chinesischen Herstellers Hangzhou Senrunqing Technologies, der in den USA und Kanada bereits vorher wegen Qualitätsmängeln aufgefallen war. Dabei hätte es noch viel mehr werden können: Eine Million Masken waren schon zum Rekordpreis beschafft worden, eigentlich sollten weitere zwei Millionen Masken folgen. Dann schrumpfte der Deal, zu dem es laut „Spiegel“ nicht einmal einen schriftlichen Vertrag gab, auf 500.000 Stück – die dann letztendlich an den Bund gingen.

Der Fall Emix ist der skurrilste unter den Maskenaffären der Union. Nicht nur, weil die Kleinstfirma zweier Jungunternehmer Masken zu Spitzenpreisen an den Bund sowie an Bayern und Nordrhein-Westfalen verkaufte. Sondern auch, weil bei den Deals Andrea Tandler, Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler, geholfen und Provisionen zwischen 5 und 7,5 Prozent Provision erhalten haben soll.

Sie soll über die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier gegangen sein, Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß, die dann die damailge bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) und später auch Spahn angeschrieben haben soll. Dadurch soll Emix im BMG VIP-Status gehabt haben: „Schließlich ergatterte die Firma, im Maskengeschäft bis dato unbekannt, dort Aufträge für knapp eine Milliarde Euro. Davon wickelte sie die meisten auch ab, für rund 700 Millionen“, so der „Spiegel“. Immerhin habe der Bund nur die Hälfte gezahlt – für Masken, die dann womöglich auch nach Bayern verteilt wurden, wo sie zuvor durchgefallen waren.