Anhörung im BMG

Spargesetz: Gegenwind von allen Seiten Patrick Hollstein, 13.07.2022 15:19 Uhr

Thomas Müller, Abteilungsleiter im BMG, musste sich bei der Verbändeanhörung zum Spargesetz viel Kritik gefallen lassen. Foto: Andreas Domma
Berlin - 

Bei der Anhörung zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) gab es am Vormittag heftigen Gegenwind. Insbesondere Hersteller- und Ärzteverbände machten ihre massiven Vorbehalte geltend. Die Kassen glänzten einmal mehr durch Zynismus.

Zufrieden ist eigentlich keine Seite mit dem Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Den Kassen, die ihre Reserven nicht abgeben wollen, gehen die Einsparungen bei den Leistungserbringern nicht weit genug. Der BKK-Dachverband etwa fordert eine Deckelung des 3-prozentigen Zuschlags der Apotheken auf maximal 30 Euro, um die Einsparungen über den Kassenabschlag nach Ablauf nach zwei Jahren zu kompensieren. Der Ersatzkassenverband vdek sprach sich dafür aus, dass zusätzlich zur Anhebung des Kassenabschlags auch das Botendiensthonorar gestrichen werden sollte. Und die Innungskrankenkassen wollen gar, dass die im Honorargutachten aus dem Jahr 2017 aufgeführten „Vorschläge für Effizienzgewinne, die mit 1,24 Milliarden Euro jährlich beziffert wurden, umzusetzen“.

Allerdings stehen die Apotheken ohnehin nicht im Fokus, sondern drohen vom Spargesetz quasi mitgerissen zu werden. Ganz andere Dimensionen haben die Einsparungen, die die Pharmaindustrie leisten soll. Zwar gibt es Stimmen, die den Solidarbeitrag für Hersteller von patentgeschützten Arzneimitteln im Vergleich etwa zu einem erhöhten Herstellerrabatt als das kleinere Übel sehen. Doch in der Anhörung wurde bereits klar, dass die Industrie dagegen klagen könnte – genauso wie die Ärzte übrigens, die auch parallel die Öffentlichkeit suchen.

Preisdeckel trotz Inflation

Kritik kam auch darüber auf, dass mitten in der größten Inflation seit Jahren das Preismoratorium verlängert werden soll. Der GKV-Spitzenverband wies zynisch darauf hin, dass es einen Inflationsausgleich gebe und dass dieser nur 10 Prozent der Fälle betreffe. Doch Pro Generika hatte eine Erwiderung parat: 77 Prozent der Packungen seien festbetragsgeregelt und kämen daher per se nicht für einen Inflationsausgleich in Frage. Abgesehen davon könnten die Steigerungsraten immer erst mit einem Jahr Verspätung greifen, was angesichts der aktuellen Entwicklung problematisch sei.

(Noch) mehr Macht für die Kassen

Das ohnehin schon angespannte Verhältnis zwischen Herstellern und Kassen könnte sich durch das Spargesetz weiter zuspitzen. Denn mit dem Entwurf soll die Verhandlungsposition des ohnehin schon übermächtigen GKV-Spitzenverbands in den Verhandlungen über den Erstattungsbetrag gestärkt werden. Dank der „Leitplanken“ könnte das AMNOG-Verfahren so weit verschärft werden, dass Neueinführungen nicht nur denselben, sondern sogar einen niedrigeren Erstattungsbetrag haben.

Auch handwerkliche Fehler hatten die Verbände ausgemacht; die Abda etwa kritisierte, dass der Kassenabschlag außerhalb der gängigen Fristen angehoben werden solle, was zu einem massiven Verwaltungsaufwand führe. Auch andere Formulierungsfehler wurden gefunden.

Abteilungsleiter Thomas Müller versprach, dass man weiter an den kritischen Punkten arbeiten werde. Er machte aber auch klar, dass die Einsparungen irgendwie zusammenkommen müssen. Zum weiteren Zeitplan gab es keine Angaben. Am 27. Juli soll das Kabinett entscheiden, noch in dieser Woche sind weitere Gespräche zwischen den Ressorts geplant.