Untersuchungsausschuss

Söder: „Man zählt auch nicht jede Maske“ dpa, 16.12.2022 07:21 Uhr aktualisiert am 16.12.2022 09:58 Uhr

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) muss heute als Zeuge im Untersuchungsausschuss zu den Maskedeals aussagen. Foto: Bayerische Staatskanzlei
Berlin - 

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat jede Verantwortung für Missstände beim Einkauf von Corona-Schutzmasken durch die Staatsregierung während der Pandemie zurückgewiesen. „Es gab keinen Einfluss, keine Weisungen etwas einzelnes zu tun“, sagte der CSU-Chef am Freitag bei seiner Zeugenvernehmung im Untersuchungsausschuss Maske des bayerischen Landtags. Söder ist der letzte geladene Zeuge in dem Gremium, welches vor rund einem Jahr seine Arbeit aufgenommen hatte.

Die zentrale Verantwortung für den Ankauf von Masken habe beim Gesundheitsministerium und beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) gelegen, sagte Söder. Er selbst sei zuständig gewesen, die „große Linie“ in der Pandemiebekämpfung vorzugeben. „Man muss sich als Ministerpräsident nicht um jedes Detail kümmern. Man zählt auch nicht jede Maske.“

Bayerns Staatsregierung habe sich in die Beschaffung von Masken eingeschaltet, weil der weltweite Markt versagt habe. Dabei habe es aber seitens der Regierung oder ihrer Mitglieder keinerlei Einflussnahme gegeben. „Es glaubt doch kein Mensch im Ernst, dass ein Minister oder die Staatskanzlei gesagt hat, diese Maske oder die nicht.“ Zugleich kritisierte Söder, dass einige Politiker die Notlage genutzt hätten, sich persönlich durch Masken-Geschäfte zu bereichern.

Dass sich Söder immer wieder selbst in die Beschaffung von Masken eingeschaltet und diese auch gerne persönlich etwa am Flughafen in Empfang genommen hatte, ist allerdings bekannt. Aus den dem Ausschuss vorliegenden Unterlagen ist auch eine SMS von Söder an den früheren Innenstaatssekretär Gerhard Eck bekannt, in der er forderte, dass ein über den früheren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer vermitteltes Angebot eingekauft werde, obwohl es im Gesundheitsministerium durch eine fachliche Prüfung gefallen war.

44 Sitzungen, 150 Zeugen

Ferner dürfte auch erneut der Fall zur Sprache kommen, bei dem das Unternehmen von Söders Ehefrau dem Freistaat ein Maskenangebot unterbreitet hatte. Am Ende wurde es aber nicht realisiert.

In den vergangenen Wochen hatten bereits zahlreiche andere amtierende oder frühere Mitglieder des Kabinetts im Ausschuss ausgesagt. Alle wiesen unisono Kritik am Corona-Management zurück und verurteilten zugleich, dass sich einzelne Politiker während der Pandemie durch Maskengeschäfte persönlich bereichert hatten.

Insgesamt wurden im Untersuchungsausschuss bisher in 44 Sitzungen 150 Zeugen gehört. Die reine Sitzungszeit beläuft sich auf 240 Stunden. Ausgewertet und aufgearbeitet wurden 3400 digitalisierte Akten mit einem Volumen von über zwei Millionen Blatt und einer Datengröße von 120 Gigabyte. Das Protokoll umfasst bereits mehr als 4600 Seiten.

„Die intensive Arbeit des Untersuchungsausschusses war wichtig und hat sich gelohnt. Das moralische Fehlverhalten der bereits vor dem Untersuchungsausschuss bekannten Fälle wurde restlos aufgeklärt“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, Ex-Justizminister Winfried Bausback (CSU). „Der Pauschalverdacht gegenüber allen, die es geschafft haben, diese Pandemie bestmöglich zu bewältigen, wurde klar widerlegt.“ Auch der perfide Versuch der Opposition, den engagierten Einsatz von Abgeordneten für Bayern oder ihren Stimmkreis unter Generalverdacht der Korruption zu stellen, sei klar gescheitert.

Söder-Fotos auf dem Rollfeld

Für den Co-Vorsitzenden Florian Siekmann (Grüne) fällt das Fazit anders aus: „Markus Söder hat sich in der Pandemie gerne als Vorkämpfer gegeben. Bei der zentralen Aufgabe der Maskenbeschaffung hat er aber statt auf robuste Beschaffungsstrukturen auf das Pushen einzelner Polit-Deals gesetzt.“ Für das schnelle Foto auf dem Rollfeld vor dem Maskenflieger habe er leichtfertig in Kauf genommen, dass mangelhafte Ware gekauft werde. „Es wird immer deutlicher: Söders Pandemiemanagement war mehr Schein als Sein“, so Siekmann.

Ziel des im Dezember 2021 vom Landtag auf Drängen von SPD, Grünen und FDP eingesetzten Ausschusses war und ist es insbesondere, Masken-Geschäfte der Staatsregierung in der Corona-Pandemie sowie mögliche Beteiligungen von Politikern und teils hohe Provisionszahlungen auch an Abgeordnete aufzuklären – wobei die Provisionen von beteiligten Firmen kamen.

Sauter und Nüßlein

Im Zentrum der Maskenaffäre stehen die langjährigen CSU-Abgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein, die zu Beginn der Corona-Pandemie für die Vermittlung von Masken-Geschäften üppige Provisionen kassierten. Juristisch sah der Bundesgerichtshof den Tatbestand der Bestechlichkeit nicht als erfüllt – weil die Abgeordneten dazu im Parlament selbst hätten tätig werden müssen. Sauter und Nüßlein betonten stets, in ihren Rollen als Anwälte agiert zu haben. Gleichwohl haben auch CSU-Spitzenpolitiker das Handeln der beiden ehemaligen Kollegen etwa als moralisch verwerflich bezeichnet.