Rx-Boni

Hartmann: Kaum Chance für Versandverbot APOTHEKE ADHOC, 19.10.2016 15:13 Uhr

Strengere Regel statt Rx-Versandverbot: BVDAK-Chef Dr. Stefan Hartmann will drastisch erhöhte GDP-Anforderungen kontern. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Als Folge der Freigabe von Rx-Boni durch das EuGH-Urteil sieht der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) den Apothekenmarkt in Gefahr. Als Gegenmaßnahme fordert BVDAK-Chef Dr. Stefan Hartmann strengere Regeln für den Arzneimittelversand. Einem Rx-Versandverbot räumt er wenig Chancen ein.

„DocMorris und andere haben nun leider die Chance, den deutschen Apothekenmarkt aufzumischen“, so Hartmann. Mit seinem Urteil setze sich der EuGH über die höchstrichterlichen Entscheidungen auf nationaler Ebene hinweg. Dem deutschen Gesetzgeber sei es weder im Gerichtsverfahren noch im Vertragsverletzungsverfahren gelungen, deutlich zu machen, warum das deutsche Preisrecht und der darin verankerte Festpreis seine Rechtfertigung haben. „Betrachtet man die mediale Berichterstattung und das Verhalten des Gesetzgebers, könnte man fast den Eindruck bekommen, man habe das Verfahren nicht ernst genommen. Nun liegt die Quittung durch den EuGH vor“, so Hartmann.

Die so entstehende Ungleichbehandlung im Vergleich zu den EU-ausländischen Versendern ist für Hartmann nicht hinnehmbar: „Es liegt nun am Gesetzgeber, den derzeit bestehenden finanziellen Rahmen für die Apotheken aufrecht zu erhalten. Nur so können auch die stationären Apotheken weiterhin die zahlreichen und gewünschten Mehrwerte liefern und die flächendeckende Versorgung gewährleisten.“

Die vielfach erhobene Forderung nach einem generellen Versandhandelsverbot erscheint dem BVDAK angesichts der verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten wenig aussichtsreich. Hartmann: „Der Gesetzgeber könne jedoch rasch drastisch erhöhte GDP-Anforderungen erlassen, um den Versandhandel zumindest strenger zu reglementieren und hinsichtlich des Transports sicherer zu machen – nicht zuletzt für den Patienten.“

Kritisch äußerte sich Hartmann zur ABDA: „Wer als Verbandsspitze keinen Plan B hat und die Apotheker fahrlässig in eine Existenzkrise stürzt, darf nicht so weitermachen wie bisher sondern muss umgehend den deutschen Apothekern tragfähige Perspektiven aufzeigen.“

Einen Schlag gegen die gerechte Arzneimittelversorgung der Patienten in Deutschland sieht Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) in EuGH-Urteil: Die Arzneimittelpreisverordnung habe seit ihrem Inkrafttreten die flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gewährleistet.

Kortland: „Arzneimittel sind Waren der besonderen Art und keine Konsumgüter. Gesundheit darf sich nicht danach richten, ob Patienten auf dem Land oder in der Stadt leben, denn Krankheit tut dies auch nicht. Rosinenpickerei gefährdet die nachhaltige Patientenversorgung.“ Das Urteil müsse nun sorgfältig geprüft werden. „Von Schnellschüssen und kurzfristig ausgerichtetem Aktionismus, auf welcher Ebene auch immer, ist dringend abzuraten“, mahnt Kortland.