Mehrkostenregelung

Quittungen für Apotheken-Beratung Patrick Hollstein, 30.09.2010 12:51 Uhr

Berlin - 

Eigentlich wollte Schwarz-Gelb mit der Mehrkostenregelung patientenfreundlich sein: Wer partout kein Rabattarzneimittel will, soll künftig gegen Aufzahlung das Präparat seiner Wahl bekommen. Weil dabei aber die Verträge mit den Herstellern geheim bleiben müssen, sollen die Versicherten zunächst in Vorleistung gehen. Nicht nur Industrie und Kassen, sondern auch die Verbraucher halten davon wenig. Sie fürchten, in den Apotheken über den Tisch gezogen zu werden.

Der Sozialverband VdK Deutschland lehnt die Regelung wegen der assymetrischen Informationsverteilung ab: „Es ist zu befürchten, dass Versicherte in die Kostenerstattung gedrängt werden, ohne die Konsequenzen ihres Handelns voll zu überblicken“, schreibt der VdK in seiner Stellungnahme zum Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG).

Bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages forderte der VdK daher, dass sich die Apotheker die Beratung über die Mehrkosten schriftlich vom Versicherten quittieren lassen müssen. Auf diese Weise soll ihnen ihre Pflicht zur unabhängigen Information in Erinnerung gerufen werden.

Die Dienstleistungsgewerkschaft verdi formulierte es vor den Gesundheitsexperten der Fraktionen noch unmissverständlicher: Die scheinbare Wahlfreiheit eröffne neue Verkaufsstrategien für nicht rabattierte Medikamente. Die Auswahl erfolge dann aber nicht mehr danach, was gut sei, sondern was am besten in der Apotheken Umschau beworben werde, sagte verdi-Gesundheitsexperte Herbert Weisbrod-Frey.

Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) befürchtet, dass die Patienten durch „direktes Marketing oder auch durch Werbung über die Apotheken“ beeinflusst werden könnten.


Die BAG Selbsthilfe hält es für unabdingbar, dass sich die Patienten „objektiv und unabhängig“ über Unterschiede zwischen Rabatt- und Aufzahlungs-Arzneimittel informieren können, beispielsweise auf einer „übersichtlichen und unabhängigen Plattform zu den entsprechenden Medikamenten“. Ansonsten entstehe zwangsläufig der Eindruck, Rabattarzneimittel seien Medikamente zweiter Klasse.

Die Vorkasse-Regelung halten die Verbände nicht nur für unzweckmäßg, sondern auch für teurer, da die pauschalen Rückvergütungen der Kassen durch Abschläge für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen reduziert würden. Ohnehin gebe es keinen Grund für die Vorkasse - es sei denn, man verstehe sie als ersten Schritt zu der von Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) geplanten generellen Ausweitung der Kostenerstattung.