AMNOG

Pro Generika für fiktive Rabatte Alexander Müller und Patrick Hollstein, 23.09.2010 19:43 Uhr

Berlin - 

Die Mehrkostenregelung bei den Rabattverträgen ist eigentlich eine Forderung aus den Reihen der Generikaindustrie. Doch die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sie kaputt gemacht: Damit niemand erfährt, wie hoch die Nachlässe bei Rabattarzneimitteln sind, sollen die Versicherten in Vorleistung gehen und einen Pauschalbetrag zurück erstattet bekommen. Wenn es aber schon mit der Differenz nicht so genau genommen wird, könnte man doch gleich einen fiktiven Betrag vom Festbetrag abziehen, meint man beim Branchenverband Pro Generika.

Wegen des komplizierten Modells der Kostenerstattung greife die derzeit im Raum stehende Regelung faktisch ins Leere, schreibt der Verband in einer Stellungnahme zum Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG). Denn kaum ein Patient wird Vorkasse wählen, wenn er nicht einmal weiß, was er am Ende zahlen muss.

Pro Generika schlägt ein alternatives Modell mit fiktiven Rabatten vor: 10 bis 30 Prozent sollen vom Festbetrag abgezogen werden, die die Kasse beim Nicht-Rabattarzneimittel spart, die der Patient also als Aufzahlung zusätzlich zu eventuellen Preisdifferenzen zahlt.

Auf diese Weise soll verhindert werden, dass die Kassen nicht nur Rabattvolumen verlieren, sondern auch noch draufzahlen. Die Festbeträge sollen als Referenzwert genommen werden, von dem aus die „vermuteten Rabattpreise“ errechet werden können.

Pro Generika sieht darin insgesamt eine Stärkung des Wettbewerbs: Um die Versicherten nicht mit hohen Zuzahlungen zu belasten, würden die Hersteller ihre Preise senken, mit entsprechenden Folgen für die Festbeträge.


Bei den Rabattverträge wünscht sich der Verband eine maximale Laufzeit von zwei Jahren sowie eine Konkretisierung der Mindestzahl der vergebenen Zuschläge. Die geplante Anwendung des Kartellrechts auf die Rabattverträge sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, könne aber die „Oligopolisierung des Generikamarktes“ nicht aufhalten, so Pro Generika.

Der Verband wehrt sich gegen die Ausweitung der Substitutionspflicht für Apotheken. Ein Austausch sollte nur stattfinden, wenn das abzugebende Arzneimittel alle Indikationen des verordneten Arzneimittels abdeckt, so der Verband. Pro Generika lehnt auch die Novelle der Packungsgrößenverordnung ab. Der geplante Systemwechsel biete keinen Mehrwert für die Patienten.

Der Deutsche Generikaverband ist mit seinen Forderungen noch radikaler: Das „Experiment Rabattverträge“ müsse sofort gestoppt werden. Denn die derzeitigen Rabatte seien nicht Ausdruck bisher überteuerter Generikapreise, sondern ein Beleg für die einseitige Machtverteilung zwischen Krankenkassen und Herstellern. Mittelständische Hersteller aus Deutschland müssten heute Niedriggebote aus Billigländern unterbieten, um überhaupt noch überleben zu können.

Der Wettbewerb ist aus Sicht des Deutschen Generikaverbands ungerecht, weil die Exporte der Generikahersteller beispielsweise in Indien sogar subventioniert würden. Langfristig werde so die Produktion aus Deutschland verdrängt, befürchtet der Verband. Damit werde eine Abhängigkeit von ausländischen Quellen in der Arzneimittelversorgung künstlich erzeugt.

Die öffentliche Anhörung zum AMNOG findet am 29. September statt. Das Gesetz soll zum Jahreswechsel in Kraft treten.