Kammerpräsident warnt

Personalsituation ist „Sargnagel“ der Apotheken Carolin Ciulli, 01.03.2022 10:34 Uhr

Honorarerhöhung gefordert: Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen beschreibt die Personalsituation in den Apotheken als desaströs. Foto: Michael Holzem PHOTOGRAPHIE / CDU Steinbergkirche/Quern
Berlin - 

Der Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, Dr. Kai Christiansen, hat vor dem Fachkräftemangel in Apotheken gewarnt. „Die Personalsituation in den Apotheken ist desaströs und entwickelt sich zum Sargnagel der Apotheke-vor-Ort“, sagt er.

Das Thema „Personal“ werde eine viel größere Sprengkraft auf das „heilberufliche Miteinander“ haben, als es eine für „50 Cent verramschte Paracetamolpackung je hatte“, mahnt Christiansen. Das Problem könne nur vom „gesamten Berufsstand – Berufspolitik und Basis – gelöst“ werden. Der Inhaber der Angler Apotheke in Steinbergkirche verweist auf die Ausbildung in den Betrieben: „Trotz oder vielleicht gerade wegen der Personalnot stellen wir fest, dass immer weniger Apotheken ausbilden oder Praktika anbieten. Schulpraktika, Famulaturen, das Praktische Jahr der Pharmazeuten im Praktikum und der PTA müssen so gestaltet sein und von den Apotheken durchgeführt werden, dass sie Lust auf die Apotheke-vor-Ort machen und das gesamte Spektrum der Offizinpharmazie erlebbar machen“, fordert er.

Personalmangel bremst Apotheken

Christiansen verweist jedoch auf einen Knackpunkt: Für all diese „Wünsche“ fehle es wiederum aber an Personal, das dies möglich mache. „Es ist also ein Teufelskreislauf.“ Inhaber können mitunter auch nicht neue Dienstleistungen wie die Covid-19-Impfung anbieten, weil Personal fehlt. Die Berufspolitik müsse spätestens im Zuge der Novellierung der Approbationsordnung mit der Politik ins Gespräch kommen. „Ich würde mir wünschen, dass das Wirtschaftsministerium die längst überfällige Honorierung der Vor-Ort-Apotheken drastisch nach oben anpasst. Hier könnte ich mir vorstellen, dass man sich auf einen Gesamtbetrag einigt, der dauerhaft eins zu eins an die Mitarbeiter über höhere Gehälter ausgezahlt wird.“

Auch in Schleswig-Holstein ist die Zahl der Schließungen deutlich höher als die der Neueröffnungen. Im vergangenen Jahr gab es in dem Bundesland noch 614 Apotheken, davon eröffneten drei neu und 15 machten dicht. Insgesamt sank die Zahl der Apotheken in Deutschland erneut um 292 auf 18.461 Betriebe.

Ein aktueller Fall sorgte in Schleswig-Holstein für lange Diskussionen: Die Apotheke am Wattenmeer in Sankt Peter-Ording beantragte wegen der Personalsituation drei Monate Betriebsferien. „Der Vorstand der Apothekerkammer Schleswig-Holstein hat sich nach langer Diskussion entschieden, der Apotheke am Wattenmeer einen solchen langen Zeitraum als Betriebsferien zu genehmigen, um personelle Restrukturierungen zu ermöglichen, die das Ziel hatten, den Erhalt der Apotheke zu gewährleisten“, so Christiansen. Letztlich schloss der Betrieb jedoch Anfang Februar.