pDL-Topf: Wohin mit dem ganzen Geld? 27.09.2025 08:05 Uhr
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat verkündet: Die 20 Cent pro Packung für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) werden gestrichen. Aber was passiert mit den 510 Millionen, die als Rücklagen bereits vorhanden sind? Was passiert mit dem Topf voller Geld? Eine interne Ideensammlung aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist aufgetaucht – und die hat es in sich.
510 Millionen Euro im pDL-Topf – für echte Apothekenprobleme? Fehlanzeige. Stattdessen liefert das BMG eine interne Ideensammlung, die eher klingt, als hätten Bürokraten stundenlang durch Social Media gescrollt und wahllos Begriffe wie „Resilienz“, „Impact“ und „Future Readiness“ eingetippt.
Punkt 1: Notfallausstattung für Vor-Ort-Apotheken – für den Fall, dass die Telematikinfrastruktur (TI) mal wieder spontan streikt. Im Paket enthalten ist ein Rezeptdrucker, der jeden Vorgang mit einer kleinen Melodie begleitet, von „Don't stop me now“ bis „Push it to the limits“. Besonders wichtig: das Faxgerät. Es ist der heimliche Held jedes TI-Ausfalls – und kostengünstig. Dazu kommen Schreibmaschinen, die erstaunlicherweise immer noch völlig ohne Strom auskommen, dabei aber gerne mal die Finger der Bediener einklemmen. Komplettiert wird die Ausstattung durch eine Kaffeemaschine, die per App von überall gesteuert werden kann. Die Tasse muss man nur noch selbstständig drunterstellen – das ist die Zukunft!
Punkt Nummer 2: Der Notdienst soll „attraktiver“ werden – schließlich bestellt tagsüber ohnehin jeder online. Damit Kunden die Apotheke nachts sofort finden und die Telefonleitung nicht blockieren, wird vor jeder Apotheke eine leuchtende Landebahn eingerichtet, komplett mit blinkenden Pfeilen, Mini-Start- und Landeschildern und kleinen Warnlichtern, die jeden Passanten automatisch auf den nächtlichen Wächter aufmerksam machen. Drinnen blinken LED-Lichtshows bei jedem erfolgreich eingelösten E-Rezept, als wollte das System den Apotheker motivieren, während draußen jeder denkt: Hier passiert ja mehr als bei jedem Nachtflug.
Punkt Nummer 3: Der Staat übernimmt eine Generikafirma. In Maßanzug, mit Flipchart, Laserpointer und kleinen Megafonen stürmen beauftragte Unternehmensberater die Produktionshallen, coachen die Mitarbeiter in „Return on Pill“ und „Effizienzmaximierung“ und kleben motivierende Post-its auf jedes einzelne Tablett. Jedes Blisterpäckchen wird nach Profitpotenzial sortiert, Regale tragen nun Namen wie „Cashflow-Corner“ und reichen von den hochprofitablen Blockbustern oben bis zu den Ladenhütern unten. Patienteninteressen? Ach, die warten draußen auf den Bürgersteigtribünen, während das Team lernt, dass Profit first, Patienten second jetzt offiziell zur Unternehmensphilosophie gehört.
Der Rest der Liste ist eher gekrakelt: Kühlwannen mit Überhitzungsschutz für Versender, der Landapothekenkalender 2026 mit den schönsten Landapotheken des Jahres zum Abreißen und eine fast kostenlose Hotline bei allen aufkommenden Technikfragen.
Bei genauerem Hinsehen kann man – ganz klein und unscheinbar – noch eine kleine Randnotiz auf dem Zettel erkennen: „Ein neuer Arbeitspullunder für Günther Jauch“ – nicht nur, damit die neuen Werbeclips von Shop Apotheke sofort von den alten zu unterscheiden sind, sondern auch, um ihn ein wenig zu beschwichtigen. Vielleicht wettert er dann in der nächsten Reklame nicht ganz so sehr gegen echte Apotheken – oder interpretiert das Stück Stoff als ausgestreckte Hand und zeigt dem Versender demonstrativ den Rücken. Das Geld für eine Kooperation wäre ja jetzt da!
Nur leider, leider, leider steht dieser Topf voller Gold nicht auf einem HV-Tisch. Gäbe es eine Vor-Ort-Apotheke am Ende des Regenbogens, ach! Dann könnten Apothekenteams sich den Schmerz der vergangenen Dekaden einfach von der Seele kaufen: Eigenmächtig das Fixum erhöhen, gezielt den Nachwuchs fördern, eine niedrigschwellige Retaxversicherung einrichten zum Beispiel.
Das Herzstück: Eine funktionierende TI mit Fallback! Kartenterminals – ach was, HBA und SMC-B! – könnten bedarfsgerecht selbst produziert werden, nebst zugehöriger Software, um sich stets auf einen Schlag anzeigen lassen zu können, was wirklich interessiert. Und überhaupt: Für die apothekeneigene Website ließen sich intelligente Bots oder KI-Assistenten entwickeln, die E-Rezepte und Bestellungen entgegennehmen und das Backoffice-Team spürbar entlasten.
In dieser Woche zeigte Apothekerin Marietheres Reher-Gremme große Enttäuschung über die Eckpunkte der Apothekenreform, da zugesagte Verbesserungen ausblieben. Sie kritisiert ausbleibende Honoraranpassungen und warnt vor weiteren Apothekenschließungen.
Ina Leischner äußerte in einem offenen Brief an Gesundheitsministerin Warken große Enttäuschung über die Apothekenreform und rät ihrer Tochter vom Pharmaziestudium ab. Sie kritisiert die Abwertung des Apothekerberufs und warnt vor weiteren Schließungen von Apotheken. Da hilft es auch nichts, dass Warken ankündigte, die Notdienstpauschale für Apotheken durch Umverteilung der pDL-Mittel auf bis zu 1100 Euro zu verdoppeln.
In diesem Sinne: Schönes Wochenende!