Betäubungsmittel

Palliativmediziner wollen dispensieren Désirée Kietzmann, 26.01.2011 08:44 Uhr

Berlin - 

Hospize und Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) sollen künftig Betäubungsmittel (BTM) für Notfälle vorrätig halten dürfen. Dadurch soll die Versorgung von schwerstkranken Menschen in der letzten Lebensphase verbessert werden; BTM sollen etwa im Akutfall, zum Beispiel bei Durchbruchschmerzen, schneller verfügbar sein. Auch das Dispensierrecht steht in diesem Zusammenhang wieder zur Diskussion.

Aktuell dürfen Palliativärzte nur patientenbezogen verordnen. Das Rezept muss bei einer Apotheke eingelöst werden, erst im Anschluss darf das Medikament dem Patienten gegeben werden. Die Palliativmediziner hatten beklagt, dass die Wege in Notfällen zu lang sind, um dem Patienten schnell zu helfen.

Auf diese Kritik hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit der angekündigten Novelle der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BTMVV) reagiert: Aus den darin vorgesehen Notfalldepots sollen die Mediziner BTM zur unmittelbaren Anwendung am Patienten entnehmen dürfen. Einrichtungen, die einen Notfallvorrat anlegen wollen, müssen laut Entwurf einen Arzt damit beauftragen, die benötigten BTM zu verschreiben. Dies soll wie beim Stationsbedarf im Krankenhaus mit einem BTM-Anforderungsschein erfolgen.

Die Belieferung durch die Apotheke muss schriftlich vereinbart werden. Die Apotheke verpflichtet sich, den Notfallvorrat mindestens halbjährlich zu überprüfen. Die Auf- und Entnahme von BTM muss in der Einrichtung lückenlos dokumentiert werden.

Zwar sehen Palliativmediziner die Notfalldepots als Schritt in die richtige Richtung. Dennoch geht ihnen die Pläne nicht weit genug. „Es fehlt nach wie vor die Möglichkeit, Betäubungsmittel zur Überbrückung beim Patienten zu lassen“, sagt Heiner Melching, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP). Derzeit machten sich Ärzte strafbar, wenn sie BTM beim Patienten ließen.


Insbesondere an Wochenenden und Feiertagen vergehe häufig viel Zeit, bis die Regelversorgung durch die Apotheke wieder stattfinden könne. „Wir hatten deshalb gehofft, dass, ähnlich wie bei der Entlassung aus dem Krankenhaus, eine Möglichkeit gefunden wird, dem Patienten die benötigte Menge auszuhändigen“, so Melching.

Die Überlassung von Medikamenten durch Ärzte würde allerdings eine Änderung des Dispensierrechts voraussetzen, denn nach dem deutschen Arzneimittelrecht ist Medizinern die Abgabe von Arzneimitteln nicht gestattet. Das BMG will dem Vernehmen nach allerdings an der grundsätzlichen Trennung zwischen Verschreibung und Abgabe festhalten.

Auch die Apotheker wollen die Aufgabenteilung aufrecht erhalten. Aus ihrer Sicht besteht grundsätzlich die Gefahr, dass Hersteller mehr Einflussmöglichkeit erhalten, wenn Verordnung und Abgabe in einer Hand wären. Gleichwohl sehen sich die Apotheker bei der Versorgung schwerstkranker Menschen in der Verantwortung: „Wir sind bereit, die Versorgung mit den benötigten Arzneimittel auch rund um die Uhr sicher zu stellen. Wir haben hierzu bereits konkrete Vorschläge unterbreitet, die den heutigen Versorgungsstatus definitiv verbessern“, sagt ein ABDA-Sprecher.

Im BMG hat es bereits eine Anhörung der betroffenen Verbände zur Novelle gegeben. Die Verordnung muss noch den Bundesrat passieren. Das Ministerium rechnet damit, dass die Änderungen Mitte des Jahres in Kraft treten werden.