Pharmavertrieb

Novo Nordisk unter Beschuss Alexander Müller, 08.05.2008 15:52 Uhr

Berlin - 

Der dänischer Pharmakonzern Novo Nordisk gerät wegen seiner Vertriebspraktiken unter Beschuss: In einer gemeinsamen Pressemitteilung attackieren die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Verbraucherzentrale Bundesverband das „moralisch zweifelhafte" Direktmarketing des Konzerns. Novo Nordisk hat demnach Verträge mit Ärzten über bezahlte „Forschungsvorhaben“ geschlossen.

Die Mediziner sollen 10.000 Euro dafür kassieren, dass die Analoginsulina Detemir und Novo Rapid an mindestens 100 Patienten verschreiben und die Behandlungsergebnisse zur Verfügung stellen. In dem Vertrag, der APOTHEKE ADHOC vorliegt, ist geregelt, dass die Ärzte zu Beginn 4000 Euro erhalten, weitere 6000 Euro bekommen sie für die Übergabe des Abschlussberichts. Die Mediziner verpflichten sich darüber hinaus, Novo Nordisk regelmäßig über den Stand des Projekts zu informieren. Zudem dürfen die Ärzte ihre Studien nicht publizieren, ohne dass „Novo Nordisk die Gelegenheit zur Stellungnahme und zu Ergänzungs- und Änderungsvorschlägen“ erhält.

Kassen, Ärzte und Verbraucherschützer fordern „die Selbstkontrolle der Pharmaindustrie dringend auf, solche Geschäftsmodell zu sanktionieren und dafür zu sorgen, dass sie künftig unterbleiben“. Das Vorgehen sei „in höchstem Maße unethisch“. Novo Nordisk war für eine Stellungnahme bislang nicht zu erreichen.

Eine Sprecherin der Krankenkassen sagte gegenüber APOTHEKE ADHOC, finanzielle Anreize für Anwendungsbeobachtungen seien in der Branche keine Einzelfälle. Da die Ärzte sich bei ihren Verschreibungen auf die medizinische Notwendigkeit berufen könnten, seien Verstöße schwer nachweisbar. Die Kassen befürchten nicht nur draufzahlen zu müssen - immerhin liege der Festbetrag für Insuline rund 20 Euro unter dem Preis der Novo Nordisk-Pärparate. Die Kassen warnen auch vor einem gesundheitlichen Schaden für ihre Versicherten, zumal Langzeituntersuchungen für kurzwirksame Insulinanaloga derzeit fehlten. Bereits 2006 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss entschieden, dass kurzwirksame Insulinanaloga nur noch in Ausnahmen zu Lasten der Kassen verordnet werden dürfen.