Auch wegen Omikron

Meinung geändert: Nonnemacher für Impfpflicht Carolin Ciulli, 29.12.2021 09:01 Uhr

Aufklärung reicht nicht: Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) ist für eine Impfpflicht. Foto: MSGIV
Berlin - 

Ohne eine Impfpflicht für alle drohen nach Ansicht von Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) weitere Corona-Wellen. „Wenn wir die Immunitätslücken nicht deutlich herunterkriegen, sind wir immer wieder gefährdet, auch von einer neuen Welle erfasst zu werden“, sagte Nonnemacher. „Ich habe meine Meinung zu einer Impfpflicht geändert, weil ich nicht sehe, dass wir mit aller Aufklärungsarbeit die Impfquoten erreichen, die wir brauchten.“ Es müsse natürlich genug Impfstoff dafür vorhanden sein.

Um den Anteil der Geimpften zu erhöhen, ist eine allgemeine Impfpflicht im Gespräch. Angedacht ist, dass der Bundestag ohne Fraktionszwang darüber abstimmt. Die Brandenburger Landesregierung ist in der Frage der allgemeinen Impfpflicht uneins. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte sich dafür ausgesprochen, mit der Entscheidung darüber bis Ende Januar oder Februar zu warten, um zu sehen, ob sich genug Menschen freiwillig impfen lassen. Während Nonnemacher für eine Impfpflicht ist, sieht Innenminister Michael Stübgen (CDU) dies sehr skeptisch.

90 Prozent Impfquote wegen Omikron

Die Gesundheitsministerin hält das von der Bundesregierung auf Ende Januar verschobene Ziel eines Impfanteils von 80 Prozent für eine große Herausforderung. „An dem Ziel einer Impfquote von 80 Prozent bis Ende Januar haben wir ganz schön zu knabbern, weil wir in einem Land leben, wo sich die Impfbereitschaft in Grenzen hält“, sagte Nonnemacher. „Wenn Omikron eine Infektiosität ähnlich wie Masern hat, brauchen wir nach meiner Einschätzung eine Impfquote von deutlich über 90 Prozent.“ Am Dienstag waren 64,3 Prozent der Brandenburgerinnen und Brandenburger bis zu zweimal geimpft, 31 Prozent hatten eine Booster-Impfung.

Die beschlossene Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken oder Pflegeheimen greift für Nonnemacher zu kurz. „Ich hätte mir gewünscht, dass die ersten Schritte einer berufsbezogenen Impfpflicht nicht nur den Gesundheits- und Pflegebereich, sondern auch Kindertagesstätten und Schulen umfassen“, sagte die Grünen-Politikerin, die Ärztin ist. „Wir haben überhaupt keine Impfung für die unter Fünfjährigen und die unter 12-Jährigen sind noch so gut wie ungeimpft.“

Die Ministerin kritisierte eine Radikalisierung der Proteste gegen Corona-Maßnahmen. „Ich fände es jetzt falsch, wenn wir unsere Politik an Impfgegnern ausrichten würden, die zum Teil von bekennenden Rechtsextremisten unterwandert sind“, sagte Nonnemacher. „Die Frage, wie man es mit dem Impfstoff hält, wird praktisch religiös überhöht. Ich finde, wir müssen da alle mal wieder herunterkommen.“ Es gehe um Solidarität. „Wenn es das Wesen von Freiheit ist, dass ich mir die Freiheit nehme, rücksichtslos gegenüber anderen Menschen zu sein, haben wir einen falschen Freiheitsbegriff.“ Wöchentlich protestieren Tausende Menschen an zahlreichen Orten in Brandenburg gegen Corona-Beschränkungen.