„Gesundheit ist keine Ware“

Medizinische Versorgung: Volksinitiative scheitert vor Gericht 13.10.2025 08:01 Uhr

Berlin - 

Der Gesetzgeber möge beschließen … So beginnen viele Anträge, die etwa auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) beschlossen werden. In Brandenburg musste eine Volksinitiative jetzt die Erfahrung machen, dass man seine Forderungen nicht allzu bestimmt formulieren sollte. Sie wurde vom Verfassungsgericht für unzulässig erklärt.

Die Volksinitiative mit Titel „Gesundheit ist keine Ware: Krankenhäuser und Praxen retten!“ hatte zum Ziel, die medizinische Versorgung im Land Brandenburg in der Fläche auch in Zukunft sicherzustellen. Mit einem Antrag wurde der Landtag aufgefordert, im Rahmen eines – noch näher auszuarbeitenden – „Gesundheit-ist-keine-Ware-Gesetzes“ verschiedene finanzielle Förderleistungen etwa für Krankenhäuser und Arztpraxen einzuführen beziehungsweise auszuweiten. Gefordert wurden etwa Stipendien für Hausärzte, die Übernahme der Ausbilungskosten zur Praxisschwester sowie ein „Arztpraxen-Sicherungszuschuss“.

Mehr als 26.000 Unterschriften kamen für das Anliegen zusammen, das daher im Juli vergangenen Jahres dem Landtag vorgelegt wurde. Der Parlamentarische Beratungsdienst kam allerdings in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Volksinitiative unzulässig sei. Zwar genüge sie den formellen Anforderungen; sie verstoße jedoch gegen das auf dem Demokratieprinzip basierende Koppelungsverbot, wonach eine Verbindung verschiedener inhaltlich nicht eng im Zusammenhang miteinander stehender Gegenstände oder Forderungen in einem Verfahren unzulässig sei. Vor allem aber komme sie einer Verpflichtung des Landtags gleich, über das Vorhaben nicht nur zu sprechen, sondern es auch zu verabschieden.

Hier gab das Landesverfassungsgericht jetzt Entwarnung: Die Initiative sei auch dann nicht bindend, wenn sie eine Verpflichtung formuliere und den Landtag zum Erlass eines Gesetzes auffordere. Denn das demokratische Prinzip sei im Grundgesetz im Wesentlichen repräsentativ ausgestaltet, und Landtagsabgeordnete dürften von niemandem gezwungen werden, gegen ihr Gewissen oder ihre Überzeugung zu handeln. „Werden gleichwohl Aufträge oder Weisungen ausgesprochen, sind sie rechtlich unverbindlich.“

Die Vorlage und ihre Begründung genügen laut Gericht jedoch nicht den inhaltlichen Anforderungen, die sich aus dem Demokratieprinzip an ihre Klarheit und Bestimmtheit ergeben. Die Folgen einer angestrebten Änderung müssen so lückenlos und verständlich dargestellt werden, dass die Bürger auch ohne spezielle Vorkenntnisse den Inhalt des Vorschlags erfassen können: „Für einen objektiven Betrachter muss erkennbar sein, worüber er abstimmt, was Zielrichtung der Befassung ist und welche Bedeutung und Tragweite dieser Abstimmung zukommen.“

Hier könne bei den Unterzeichnern aber davon ausgehen, dass der Landtag tatsächlich zur Schaffung einer gesetzlichen Regelung verpflichtet werde. „An keiner Stelle erwähnt der Text, dass sich für den Landtag daraus höchstens eine Pflicht zur Befassung mit dem Anliegen ergeben kann. […] Dass der Erlass eines solchen Gesetzes auch nach erfolgreicher Volksinitiative weiterhin im Ermessen des Landtags bzw. seiner Abgeordneten steht, lässt sich den Formulierungen nicht entnehmen.“

Die Vorlage enthalte zudem keine ausreichenden Angaben zu Inhalt und Umsetzungsaufwand der einzelnen Regelungsanliegen, was eine sachgerechte Entscheidung der Abstimmungsberechtigten unzulässig erschwere. So fehlten vielfach Details zur Finanzierung und zu den Voraussetzungen. Die Verbindung verschiedener Anliegen hielt auch das Gericht für unzulässig: Zwar verfolge die Initiative eine einheitliche Zielsetzung, nämlich die Sicherstellung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung im Land Brandenburg. „Diese übergeordnete Zielsetzung genügt jedoch nicht, um die unterschiedlichen Handlungsvorschläge zu einer einheitlichen Materie zu verknüpfen.“