Palliativversorgung

Lindemann: Apotheke muss zumutbar sein Benjamin Rohrer, 22.06.2012 11:10 Uhr

Berlin - 

Die schwarz-gelbe Koalition will es Ärzten ermöglichen, Palliativpatienten in Ausnahmesituationen Betäubungsmittel (BtM) zu überlassen. Allerdings soll dies nur unter strengen Voraussetzungen und für drei Tage erlaubt sein. Der FDP-Gesundheitsexperte Lars Lindemann hält diese Einschränkung für übertrieben: Aus seiner Sicht sollten Ärzte die Medikamente in eng begrenzten Einzelfällen auch für einen längeren Zeitraum überlassen dürfen. Die unkomplizierte Versorgung der totkranken Patienten sei in diesen Fällen wichtiger als die wirtschaftlichen Interessen der Apotheker. Lindemann hat daher einen eigenen Änderungsantrag zur AMG-Novelle entworfen.

 

Ende April hatte die Koalition einen abgestimmten Änderungsantrag zur AMG-Novelle vorgelegt: Grundsätzlich soll die BtM-Überlassung nur möglich sein, wenn der Bedarf des Palliativpatienten nicht rechtzeitig über eine Apotheke gedeckt werden kann.

Der Arzt muss demnach prüfen, ob das BtM in einer dienstbereiten Apotheke im Umkreis vorrätig ist. Sollte dies nicht der Fall sein, darf der Mediziner den Patienten selbst versorgen. Das Gespräch müssen beide Heilberufler genauestens dokumentieren und die Mitschrift drei Jahre lang aufbewahren. Im Vorschlag der Koalition heißt es zudem klar: „Die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten.“

Aus Sicht von Lindemann führen die Pläne der Koalition zu „ungerechtfertigter Bürokratie“, mit der die beteiligten Mediziner und Apotheker nicht konfrontiert werden sollten. Es sei unpassend, die Angehörigen zu zwingen, eine Apotheke aufzusuchen, zumal sich dies nur mit der Besitzstandswahrung der Apotheker begründen ließe.

 

 

Den FDP-Politiker stört insbesondere die Regelung zum Dreitagesbedarf: „Palliativpatienten und deren Angehörige sollen in den letzten oder psychisch sehr schwierigen Momenten nicht eine Apotheke aufsuchen müssen, nur weil die Apotheker Wert darauf legen, dass nur sie Arzneimittel abgeben, oder gar die Politik bevormundend meint, es darf nur für drei Tage sein.“ Die Interessen der Apothekerschaft müssten in diesen Fällen in den Hintergrund treten, so Lindemann.

Zwei Wochen nach dem Rest der Koalition legte Lindemann gemeinsam mit seinem Parteikollegen Jens Ackermann daher einen abweichenden Vorschlag vor. Demzufolge soll der Dreitagesbedarf „in der Regel“ nicht überschritten werden. Auch nach den drei Tagen sollen die Patienten nur zur Apotheke müssen, wenn es ihnen „zumutbar“ ist.

„Für die Zumutbarkeit sind der gesundheitliche Zustand des Patienten und seine pflegerische Situation maßgeblich“, heißt es in dem Entwurf. Auch die Dokumentationspflichten für Ärzte wollen die FDP-Politiker aufweichen, die für Apotheker sogar ganz abschaffen. Auf welche Resonanz der Antrag in der Koalition gestoßen ist, wollte Lindemann nicht verraten.