„Humanisierung“ der Versorgung

Lauterbach will Dispensierrecht im Notdienst Patrick Hollstein, 03.03.2022 21:08 Uhr

Im PraxisCheck: Prof. Dr. Karl Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Notfallversorgung durch ein Dispensierrecht verbessern.
Berlin - 

Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach (SPD) will den Ärzten die Abgabe von bestimmten Arzneimitteln im Notdienst erlauben. Das sagte er beim „Praxischeck“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

„Das Dispensierrecht im Notdienst ist eine Sache, die wir prüfen müssen, das ist ganz klar“, so Lauterbach auf eine Frage von Dr. Volker Schrage, stellvertretender Vorsitzender der KV Westfalen-Lippe. „Das ist etwas, das im Notdienst eine Rolle spielt und das eine Humanisierung der Versorgung zur Folge hätte. Denn zum Teil sind es erhebliche Qualitätsverluste der Versorgung der Patienten, wenn der Arzt nicht abgeben kann.“

Die im Koalitionsvertrag angekündigte Notfallreform werde er sehr schnell angehen, noch in diesem Jahr. „Das gehört zu den Prioritäten. Wir haben eine Reihe von Krankenhausreformen vor uns, und die Notfallversorgung – ambulant wie stationär – gehört definitiv dazu.“

Außerdem versprach Lauterbach, sich um Bürokratieabbau im Gesundheitswesen zu kümmern. „Ich habe eine Netto-Sicht auf die Dinge“, sagte er mit Blick auf den Aufwand, der im Verhältnis stehen müsse. Ärzte wolle er weiter von Regressen befreien, sofern diese noch eine Rolle spielten.

Die Kliniken will er mit der ambulanten Versorgung verzahnen, auch was die Vergütung angeht. Man brauche eine Art Hybrid-DRG: „Wir brauchen eine deutliche Stärkung der Ambulantisierung, und das wird nur funktionieren, wenn man sich pragmatisch auf ein Honorierungssystem einigt, die sich für alle Seiten funktioniert.“ Man wolle einen fairen Vorschlag machen, mit gleichen Bedingungen für gleiche Leistungen. Im Grunde müsse es drei unterschiedliche Preise geben: ambulant, der stationsersetzende Bereich und der stationäre.

Das Vordringen von Private Equity im Gesundheitswesen finde er „hochproblematisch“: Dass Investoren Praxen, Verbünde und ganze Facharztschienen kauften, führe zu einer Kommerzialisierung. „Ich sehe das mit größter Sorge. Wir haben dazu im Koalitionsvertrag noch nichts, das ist aber definitiv etwas, das wir uns anschauen werden.“