Kommentar

Beratungsfalle: OTC-Switch Julia Pradel, 08.11.2013 13:02 Uhr

Berlin - 

Für Patienten ist es sicher schön, nicht ständig zum Arzt zu müssen – besonders bei akuten Migräneanfällen. Und Krankenkassen sparen, weil oftmals mit der Verschreibungs- auch die Erstattungspflicht entfällt. Die Apotheker laufen aber gerade bei dem geplanten OTC-Switch der Triptane Gefahr, Margen zu verlieren und bei Testkäufen vorgeführt zu werden.

Hätte der Bundesrat dem geplanten Switch zugestimmt, wäre für die Apotheker die Verantwortung größer geworden – aber auch das Risiko, einen Fehler zu machen. Sumatriptan und Zolmitriptan wären ein gefundenes Fressen für alle, die Apotheken mit einem Tests mal so richtig in die Pfanne hauen wollen. Denn sie wären nur mit umfangreichen Vorgaben rezeptfrei geworden.

Die beiden Wirkstoffe hätten noch mehr Angriffsfläche als das Migränemittel Formigran (Naratriptan) geboten – das bereits bei Testkäufen zum Einsatz kam: Der Wirkstoff ist nur für Personen zwischen 18 und 65 Jahren, bei denen Migräne durch einen Arzt diagnostiziert wurde, rezeptfrei.

Bei Sumatriptan wären die Vorgaben deutlich umfangreicher: Apotheker müssten prüfen, ob bereits ein Triptan unter ärztlicher Beobachtung angewendet wurde. Außerdem hätten sie einen Arztbesuch empfehlen müssen, wenn sich die Symptome ändern, Attacken länger andauern, schwerer verlaufen, häufiger als viermal im Monat auftreten, die Patienten einen erhöhten Cholesterinspiegel haben, rauchen, Übergewicht oder Diabetes haben, und und und. Ähnlich bei Zolmitriptan. Pro Wirkstoff hätte es einen fast zweiseitiger Vorgabenkatalog gegeben, den die Apotheker bei jedem Beratungsgespräch hätten abarbeiten müssen.

Die Idee, die Triptane aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, war sicher gut gemeint – immerhin kennt niemand den Migräneschmerz besser als der Patient selbst. Auch für die Apotheken hätten diese Präparate eine Chance sein können: Immerhin fordern die Pharmazeuten mehr Kompetenzen und wollen etwa Folgeverordnungen auch ohne Rezept abgeben können. Bei Stammkunden wäre das auch durchaus leistbar gewesen.

Um das Präparat aber vollkommen aus der Verschreibungspflicht und in die Hand der Apotheker zu geben – dazu hat dem Gesetzgeber offenbar der Mut gefehlt. Entstanden ist ein Verordnungsentwurf mit zahlreichen Vorgaben und Einschränkungen.

Das ist in der Offizin nicht nur gefährlich, sondern auch unpraktikabel: Natürlich können und sollen Apotheken ausführlich beraten. Wenn sich eine Apotheke bei jedem Patienten rückversichern und protokollieren muss, dass er vorher beim Arzt war, wird das System ad absurdum geführt. Denn gerade dazu ist die Verschreibungspflicht da.