Apothekensterben stoppen

Koalitionsvertrag: Fixum schnellstmöglich erhöhen 22.04.2025 12:35 Uhr

Bottrop/Münster - 

Frisch gewählt und gleich vor Ort: Der neue CDU-Bundestagsabgeordnete Nicklas Kappe hat sich in einer Bottroper Apotheke ein Bild von der angespannten Lage gemacht. Die beiden Inhaber:innen Karima Ballout, Vorsitzende der Bezirksgruppe Bottrop Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL), und Niklas Herkenhoff, Vorsitzender der Bezirksgruppe Recklinghausen im AVWL, fordern von der Politik, die im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen schnell umzusetzen – bevor das Apothekensterben weiter Fahrt aufnimmt.

„Mittlerweile sind 10 Prozent der Apotheken defizitär und weitere 25 Prozent sind wirtschaftlich stark gefährdet“, erklärte der Marler Apotheker Herkenhoff dem CDU-Abgeordneten. Seit 20 Jahren sei das staatlich reglementierte Honorar, das Apotheken pro abgegebener Arzneimittelpackung erhalten, nicht mehr nennenswert angehoben worden. Gleichzeitig seien die Personalkosten um 75 Prozent und die Sachkosten um 41 Prozent gestiegen. In den vergangenen drei Jahren seien bundesweit 1500 Apotheken geschlossen worden – annähernd so viele wie in ganz Westfalen-Lippe. Der Schließungstrend beschleunige sich zunehmend. „Wenn die Politik das flächendeckende wohnortnahe Apothekennetz will, dann muss sie jetzt handeln“, mahnte auch die Bottroper Apothekerin Ballout.

Schnelle Erhöhung des Fixums

„Wir haben mit dem Koalitionsvertrag gute Grundlagen verankert, damit unsere Apotheken vor Ort – wie wir sie brauchen – erhalten und gestärkt werden“, erklärte Kappe. So widme der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD einen ganzen Abschnitt den Apotheken und führt eine Reihe von Maßnahmen auf, um sie zu stabilisieren.

„Diese Wertschätzung, die die Politik uns und unseren Mitarbeitern damit zeigt, freut uns sehr“, betonte Ballout. Eine der laut Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen ist dabei auch die Anhebung des Packungshonorars um 1,15 Euro. „Wir brauchen diese Erhöhung nun so schnell wie möglich“, erklärte die Inhaberin, „sonst sterben in den kommenden Monaten bundesweit Hunderte weitere Apotheken.“

Kompetenzen stärken

Bei einem Rundgang durch die Bottroper Post-Apotheke im Kaufland erklärten Inhaberin Ballout und Inhaber Herkenhoff dem CDU-Politiker, dass Apotheken vor Ort weit mehr leisteten als nur Arzneimittel abzugeben. So fertigen sie etwa individuelle Arzneimittel an, wenn es kein passendes Fertigprodukt gibt, wie zum Beispiel Kapseln für Kinder. Zudem bieten sie Inhalationsschulungen, Blutdruckmessungen, Impfungen sowie Medikationschecks und -beratungen an.

„Das Ergebnis einer solchen Beratung ist oftmals, dass wir in Absprache mit den Ärzten zu dem Schluss kommen, dass ein Patient, der gleich mehrere Präparate einnehmen muss, eigentlich mit weniger Tabletten auskommen könnte“, so Herkenhoff. Der Patient fühle sich besser, die Ärzte müssten weniger verschreiben und die Krankenversicherung spare Geld, erklärte er.

Letzteres sei auch der Fall, wenn die Apotheken durch eine gute Therapiebegleitung einen Krankenhausaufenthalt oder eine frühzeitige Einweisung in ein Pflegeheim verhindern könnten, ergänzte Ballout. Solche Sonderleistungen müssten allerdings auch so honoriert werden, dass sie wirtschaftlich erbracht werden könnten. „Wir können solche Leistungen nicht mehr querfinanzieren.“

„Wir stehen auch bereit, dieses Potenzial der Apotheken weiter zu entwickeln“, fügte Ballout hinzu. „So können wir in Zeiten des demografischen Wandels die Versorgung der Patienten sichern und verbessern – und zugleich wirtschaftlicher gestalten.“ Auch damit rennen die Apotheken bei den neuen Koalitionären offene Türen ein, denn die drei Parteien haben sich vertraglich darauf verständigt, den apothekerlichen Heilberuf fortzuentwickeln. Zugleich wollen sie Bürokratie abbauen und mehr Handlungsfreiheiten für die Apotheken schaffen sowie für einen fairen Wettbewerbsbedingungen mit dem Versandhandel sorgen.

„Die neue Koalition hat offenbar verstanden, wo die Probleme liegen“, betonte Ballout. „Jetzt ist wichtig, dass all diese Ideen nun rasch umgesetzt werden.“