Knieps: „Gesundheitssystem wie im Mittelalter“ 09.04.2025 16:52 Uhr
Die Strukturen im Gesundheitssystem sind laut Franz Knieps noch immer zäh und viel zu analog: „Es erinnert an das Mittelalter“, bestätigt er in einer Diskussionsrunde bei der Digital-Health-Messe DMEA. „Es kann nicht sein, dass Ärzte und Ärztinnen im Krankenhaus noch immer mit einem Klemmbrett und gelben Post-its statt digitalen Endgeräten unterwegs sind“, stellt der Vorstandsvorsitzende des BKK Dachverbandes klar. „Vor allem für die jüngere Generation wirkt das befremdlich.“
Steckt das Gesundheitswesen fest und schränkt sich mit zu kleinteiligen Gesetzen selbst ein? Diese Frage wurde heute auf der DMEA im bvitg-Debattierclub „Gesundheitswesen unter Druck – Mehr Freiraum oder mehr Vorgaben?“ diskutiert. Strukturelle Veränderungen seien zwar erkennbar, aber an echten Problemlösungen hapere es laut Knieps nach wie vor. „In der Politik ist alles bis ins Detail geregelt, aber um voran zu kommen, braucht es mehr Freiraum.“ Knieps betonte, dass die Gesetze im Gesundheitssystem insgesamt abstrakter gefasst werden müssten, um mehr Spielräume zu ermöglichen.
Mitdiskutiert hat auch Dr. Florian Fuhrmann, der gemeinsam mit Brenya Adjei und Dr. Florian Hartge seit dem 1. September gemeinsam die Geschäftsführung der Gematik bildet. Die Digitalisierung der Prozesse im Gesundheitswesen müsse noch beschleunigt werden und das patientenorientierte Management im Fokus stehen, waren sich die Teilnehmer einig.
Über Deutschland lacht man
Knieps unterstrich zudem die Diskrepanz zwischen Deutschland und anderen Ländern. „Wenn ich mit jungen Ärzten und Ärztinnen spreche, die beispielsweise in den USA an renommierten Kliniken tätig waren, dann stehen wir hierzulande in Vielem nach, man lacht uns schlicht aus.“ Während in anderen Staaten die Patienten bereits in breiter Fläche mit digitalen Endgeräten betreut werden, „rennt man hier noch mit einem Klemmbrett und gelben Post-its in den Krankenhäusern herum.“
Vor allem die jüngere Generation, die sehr digitalisierungsaffin sei, empfinde die Prozesse im Gesundheitswesen eher umständlich. „Mein Sohn sagt dann zu mir, es erinnere alles sehr an das Mittelalter.“ Schaue man beispielsweise nach Finnland, könne man sich Knieps zufolge sehr viel abschauen. „Dort werden etwa 80 Prozent der Gesundheitsanliegen der Patienten zunächst digital geklärt, bevor es überhaupt zum Arztkontakt kommt.“
Mehr Druck für Veränderung
Im Zuge der Digitalisierung müsse vor allem die Lücke zwischen Prävention und Krankheitsverdacht geschlossen werden, stellten Knieps und Fuhrmann klar. „Das heißt, wir müssen die Big Data gemeinsam verarbeiten, die Experten mehr vernetzen und den Fokus auf die Gesunderhaltung legen, das spart am Ende auch Kosten.“ Die elektronische Patientenakte (ePA) sei ein Anfang des patientenorientierten Managements. „Auch das E-Rezept funktioniert, zumindest in Berlin, meiner Erfahrung nach reibungslos. Es braucht aber insgesamt noch mehr Druck für weitere Veränderungen im Gesundheitssystem“, betonte Knieps.