Wahlradar Gesundheit

Klein-Schmeink: Gebührenordnung für Apotheken Lothar Klein, 18.09.2017 13:14 Uhr

Berlin - 

In der Diskussion über die Konsequenzen aus dem EuGH-Urteil hatten sich die Grünen klar gegen ein Rx-Versandverbot ausgesprochen. Im Wahlprogramm fehlen Aussagen zur Apotheken- und Arzneimittelpolitik. In ihrer Antwort zum ABDA-Wahlradar umschifft Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink eine klare Aussage dazu. Stattdessen plädiert sie für eine Reform des Apothekenhonorars und will eine Gebührenordnung für pharmazeutische Leistungen schaffen. Allerdings: Im Wahlcheck des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) sagt sie Nein zum Rx-Versandverbot.

Klein-Schmeink kandidiert im Wahlkreis Münster. Dort holte sie 2013 mit 11,1 Prozent hinter CDU und SPD den dritten Platz. Auch am 24. September dürfte Klein-Schmeink keine Aussichten auf den Gewinn des Direktmandates haben. Über ihre Landesliste ist sie aber auf Platz 9 abgesichert.

Auf die Frage des ABDA-Wahlkreis-Apothekers zum Rx-Versandverbot weicht die Grünen-Gesundheitspolitikerin aus: Die hochwertige Arzneimittelversorgung in Deutschland werde durch freiberuflich organisierte, wohnortnahe Apotheken garantiert, leitete der Apotheker seine Frage ein. Dieses Erfolgsmodell werde aber durch marktliberale Tendenzen vor allem auf EU-Ebene zunehmend in Frage gestellt. So habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Oktober 2016 ausländische Arzneimittelversender einseitig von der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel befreit und damit eine Schieflage im Wettbewerb begründet: „Welche Möglichkeiten sehen Sie, die inhabergeführten Apotheken bei uns vor Ort zu schützen und die pharmazeutische Vollversorgung für die Patienten langfristig zu sichern?“

Anders als man hätte erwarten könne, wiederholt Klein-Schmeink das Nein der Grünen zum Rx-Versandverbot nicht. Mit Blick auf eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung setzten die Grünen „vor allem auf die pharmazeutischen Kompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker vor Ort“. Durch eine grundlegende Reform der Apothekenvergütung sollten pharmazeutische Beratungsleistungen gestärkt werden. „Wir wollen hierzu eine eigene einfache und transparente Gebührenordnung für die pharmazeutische Leistung der Apotheken schaffen“, so Klein-Schmeink.

Hierbei könne auch die zu Fehlanreizen führende strikte Verknüpfung mit der Arzneimittelabgabe aufgehoben werden. Zugleich wollten die Grünen einen mit dem Notdienstzuschlag vergleichbaren umlagefinanzierten Sicherstellungszuschlag für Apotheken in dünn besiedelten Regionen.

Im Wahlcheck des AVWL sagt Klein-Schmeink Nein zum Rx-Versandverbot: „Aus unserer Sicht ist ein Verbot des Versandhandels europa- und verfassungsrechtlich nicht umsetzbar. Statt die Benachteiligung inländischer Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken unverzüglich zu beenden, würde durch ein Verbot wertvolle Zeit vertan, denn am Ende hätte ein solches Verbot keinen Bestand.“ Hier bringt die Grünen-Politikerin ein Höchstpreissystems als richtigen Ansatz ins Gespräch, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu sichern.

Wie sich die Grünen zum Rx-Versandbverbot in einer möglichen Jamaika-Koalition mit Union und FDP stellen werden, ist schwer kalkulierbar: In einer Kandidatendiskussion des AVWL gemeinsam mit der Apothekerkammer hatte Klein-Schmeink zunächst die Parteilinie vertreten und gesagt: „Ein Verbot des Versandhandels mit Medikamenten bringt nichts, weil es rechtlich nicht lange Bestand hätte.“ Dann ließ sie allerdings nach übereinstimmender Darstellung von Teilnehmern wissen, dass die Grünen bei einer Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl durchaus zu Kompromissen fähig seien. Wenn es nicht anders gehe, könne man sich vorstellen, sich bis zu einer endgültigen Lösung zunächst auf ein Rx-Versandverbot einzulassen. Dabei gehe sie davon aus, dass ein Rx-Versandverbot rechtlich keinen Bestand haben werde.

In den weiteren Antworten des ABDA-Wahlradars äußert sich Klein-Schmeink zur Ausbildung des Apothekennachwuchses: Die Pharmazeuten-Ausbildung solle ebenso reformiert werden wie die der pharmazeutisch-technischen Assistenten. Die Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen müsse attraktiver gestaltet werden. Dabei müssten die Apotheker mitziehen, zum Beispiel bei der Abschaffung des Schulgeldes oder bei der Anzahl von Ausbildungsmöglichkeiten.

Die im November 2016 vom Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD) vorgelegten Thesen zur Überarbeitung der Approbationsordnung und zur Verbesserung des Pharmaziestudiums enthielten eine Reihe von wichtigen Vorschlägen. Die Grünen unterstützten die Anregung, die pharmazeutische Beratung und Therapiebewertung im Studium ausführlicher zu behandeln und Kenntnisse in psychologischen Grundlagen sowie in Ethik zu vermitteln.

Vor dem Hintergrund einer wachsenden Bedeutung biotechnologisch hergestellter Arzneimittel und der zunehmenden Resistenzentwicklung bei Antibiotika werde zudem empfohlen, auch verstärkt diese Themengebiete zu behandeln. Diese besonderen Leistungen wollten die Grünen erhalten und ihren Stellenwert ausbauen. Hierfür müsse auch das Vergütungssystem entsprechend reformiert werden.

Die immer häufiger auftretenden Lieferengpässe von Arzneimitteln wollen die Grünen nicht hinnehmen. Da die Ursachen für diese Engpässe vielfältig seien, bedürfe es jeweils unterschiedlicher Lösungen. „Ein wichtiges Instrument scheint uns zum Beispiel zu sein, die Rabattverträge dahingehend zu ändern, dass mehrere Anbieter einbezogen werden“, so Klein-Schmeink.