Kippels: Anschubinvestition für Prävention 09.10.2025 17:26 Uhr
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Dr. Georg Kippels (CDU), bekräftigte auf dem Symposium der Bundesapothekerkammer (BAK), dass niedrigschwellige Angebote in den Apotheken eine Schlüsselrolle spielen, um Bürger frühzeitig zu erreichen. Die angekündigte Apothekenreform solle außerdem noch in diesem Jahr im Kabinett vorgelegt werden. Er erwarte anschließend zügige Zustimmung im Parlament, da keine großen Streitigkeiten zu befürchten seien.
Die Prävention habe im Koalitionsvertrag deutliche Erwähnung gefunden, betonte Kippels. Das unterstreiche den hohen Stellenwert, den Vorsorge für die Regierungsparteien habe. Es gehe darum, vorausschauend zu leben und gesund zu bleiben. Bei verschiedenen Volkskrankheiten gelte oft die fatalistische Haltung: „Entweder erwischt es mich oder nicht“, erklärte Kippels.
Zwar würden durch die neuen Präventionsangebote erst einmal neue Kosten entstehen – aber das sind laut Kippels nachhaltige Investitionen. Die meiste Kostenlast würden am Ende des Lebens des Patienten entstehen, beim Zusammentreffen verschiedener Krankheiten.
Wenn man einige dieser Krankheiten durch Prävention einsparen könnte, würde das System langfristig profitieren: „Innovation braucht eine Anschubinvestition, aber der Spareffekt kommt.“ Laut Kippels sollte im Gesundheitssystem nicht nur auf Jahresbasis kalkuliert werden. Vielmehr müsse es in Richtung einer langfristigeren Planung gehen.
Apotheke als niedrigschwelliger Anlaufpunkt
„Man muss Prävention sichtbar machen“, betonte Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD). Dabei könnten die Apotheken eine Schlüsselrolle übernehmen. Man müsse es noch mehr in die Köpfe bekommen, aber da seien die Apotheken an der richtigen Anlaufstelle. Sie seien niedrigschwellig, deshalb müssten die Apotheken auch unbedingt erhalten bleiben.
Auch Professor Dr. Heribert Schunkert, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung, bekräftigte, dass Prävention beim gesunden Menschen ansetze. Deshalb müssten sie niedrigschwellig zugänglich sein. Die Apotheke sei hierfür der erste sinnvolle Schritt für den gesunden Menschen.
Die Apotheke sei „um die Ecke“, pflichtete auch Kippels bei. Man könne sie aufsuchen, wann man möchte, meistens ohne lange warten zu müssen. „Ich kann meine Überzeugung: ‚Ich will gesundheitlich was für mich tun‘ sofort umsetzen.“ Das sei leichter und schneller als zum Arzt zu gehen – und man könne auch regelmäßig kommen, um eine Strategie zu entwickeln. Genau das erzeuge Bewusstsein beim Patienten. Zusätzlich könne die Apotheke über den Medikationsplan auf Wechselwirkungen eingehen. „Hochkompetente Beratung, hautnah, sofort auf Abruf“, fasste Kippels zusammen.
Natürlich müssten diese Leistungen auch angemessen vergütet werden, führte Kippels an. Dies gelte insbesondere bei gesunden oder vermeintlich gesunden Menschen – ohne, dass eine Leistung zuvor an eine bestimmte Diagnose gebunden sein müsse. Also eben nicht nach dem Motto: Erst hoher Blutdruck diagnostiziert, dann übernehmen die Kassen die Kosten für das Blutdruckmessen.
Präventionsangebot in Apotheken
Zum Präventionsangebot erklärte BAK-Präsident Dr. Armin Hoffmann, dass man aktuell mit der Politik viel über den Zugang und die Verteilung von Patienten im System spreche. Man sei natürlich Begleiter in vielen Therapien, etwa bei Herz-Kreislauf-Problemen, Blutdruckmessen und Rauchentwöhnungsberatung.
In der Apotheke fließe alles zusammen, auch über OTC-Medikationen habe der Apotheker den Überblick, so Hoffmann. Insbesondere die Menschen, die das Bewusstsein nicht haben und entsprechend nicht regelmäßig zum Arzt gehen, bekomme man wahrscheinlich eher in der Apotheke als beim Arzt.
Es gebe Bedarf an zielgruppenspezifischer Beratung, aber auch an Impfberatung und Impfungen sowie an Angeboten zur Früherkennung, auch zur Beratung in der Familien- und Kindermedizin, ergänzte Engelmeier.
Impfen in Apotheken
Etwas mehr als die Hälfte der Apotheken würden bereits pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) anbieten, erklärte Hoffmann. Spitzenreiter sei Blutdruckmessen. Derzeit impften etwa 1400 Apotheken – aktuell nur gegen Grippe und Covid-19, allerdings müsse die Apotheke dafür Räumlichkeiten vorgehalten. „Dieses Saisongeschäft können sich viele nicht erlauben“, erklärte er. Die Bereitschaft sei hoch. Laut vorgestellten Eckpunkten sollen Apotheken bald mehr verimpfen dürfen, nämlich alle Totimpfstoffe, und dann würden auch mehr Apotheken impfen, zeigte sich Hoffmann überzeugt.
Die Apotheken seien ein ergänzendes Angebot beim Impfen. „Wir erreichen ganz andere Patienten, die nie beim Arzt waren“, stellte er klar. Ärzte und Apotheken müssten gemeinsam die Impfquoten heben. „Das ist das, was es voranbringen wird, gemeinsam die Prävention voranbringen.“
Streit um Totimpfstoffe
Die Ärzteschaft sei nur begrenzt begeistert, aber die Diskussion führe man fair, so Kippels. „Wenn die Impfungen über die Ärzteschaft reichen würden, läge die Impfquote höher.“ Die Frage sei, „wo geht der Impfwillige hin und warum“. Er nannte Zufallsimpfungen am Samstagmorgen oder die Ablehnung, in die Arztpraxis zu gehen. In Frankreich würden bereits alle Totimpfstoffe verimpft. Er respektiere zwar die Bedenken der Ärzteschaft. Es sei aber nicht hilfreich, einer anderen Berufsgruppe die Grundbereitschaft, sich mit etwas konsequent auseinanderzusetzen, abzusprechen, stellte Kippels klar.
Er versuche zu vermitteln; er sehe seine Rolle hier als Moderator. „Die Impfquote ist objektiv völlig unzureichend“, stellte Kippels klar. Immer noch würden in Deutschland Grippetote gemeldet, die ungeimpft seien, fügte er an. Er würde sich freuen, wenn man gemeinsam – Arzt und Apotheke – deutlich über 50 bis 60 Prozent komme. Entscheidend sei, ein Impfbewusstsein herzustellen.
Apothekenreform
Zum Zeitplan der Apothekenreform erklärte Kippels, dass der Entwurf noch in diesem Jahr ins Kabinett vorgelegt werden solle. Dann werde es seiner Meinung nach schnell gehen, denn er gehe nicht davon aus, dass es im Parlament große Streitigkeiten geben werde. Auch der E-Impfpass werde wohl zeitnah kommen. Er stelle sich damit auch eine Erinnerungsfunktion vor.
Für den Gesetzgeber gehe es jetzt erst einmal darum festzulegen, welche Bereiche in der Prävention man nun für die Apotheke freigeben wolle, so Kippels. Die zweite Frage sei die Vergütung, also über welche Kennzahlen der ökonomische Austausch stattfinde. In der Anfangsphase werde man schätzen und nach ein bis zwei Jahren könne man die in Anspruchsnahme evaluieren und die Vergütung gegebenenfalls anpassen. Man wolle nun mit den Totimpfstoffen starten. Bei Tests sehe er Diabetis, Cholesterin und Bluthochdruck als vielversprechend für die Apotheke.
„Wir haben einen prallgefüllten pDL-Topf“, fügte Kippels an. Für neue Leistungen müsse natürlich auch mehr Geld kommen. „Wir können uns Innovationen nicht für immer verschließen, nur weil wir Geld in die Hand nehmen müssen“, erklärte Kippels. „Wir müssen es gemeinschaftlich erarbeiten, um zu einer Verbesserung der Versorgung zu führen.“
Hoffmann betonte: „Angebote kann ich nur anbieten, wenn ich einen gewissen wirtschaftlichen Ausgleich habe. Wir brauchen erst mal eine Grundhonorierung, die die Apotheken am Leben hält, denn die Apotheken sind so gerade an der Kante, dass jedes Zusatzangebot nur noch mit einer entsprechenden Vergütung gemacht werden kann.“