Registrierkassengesetz

Kassenbon-Streit erreicht Kabinett APOTHEKE ADHOC, 16.12.2019 11:43 Uhr

Bon-Pflicht: CDU-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will die Papierflut verhindern. Was macht jetzt SPD-Finanzminister Olaf Scholz? Foto: Andreas Domma
Berlin - 

Die ab dem Jahreswechsel geltende Kassenbon-Pflicht im Einzelhandel sorgt kurz vor ihrer Einführung weiter für politischen Wirbel und hat jetzt das Bundeskabinett erreicht. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnte vor „Milliarden zusätzlicher Bon“ und fordert, die sogenannte Belegausgabepflicht „komplett abzuschaffen“. Die SPD-Bundestagsfraktion verteidigt die Regelung hingegen als verhältnismäßiges Mittel im Kampf gegen Steuersünder. Wie der Streit ausgeht, ist offen.

Hintergrund der Bon-Pflicht ist das sogenannte Registrierkassengesetz von Ende 2016 gegen Umsatzsteuermanipulationen, das sicherstellen soll, dass alle verkauften Waren lückenlos erfasst werden, und digitale Daten nachträglich nicht manipuliert werden. Ab 1. Januar 2020 müssen deshalb alle Einzelhändler – vom Bäcker über den Friseur bis hin zu Apotheken – einen Beleg ausgeben, sofern sie ein elektronisches Kassensystem besitzen. Um Müll zu vermeiden, ist auch die Möglichkeit einer digitalen Bon-Übermittlung per App oder E-Mail vorgesehen, außerdem soll es in „Härtefällen“ für Händler die Möglichkeit geben, von der Pflicht befreit zu werden. Laut Altmaier ist die Härtefallregelung aber zu eng gefasst.

Die neue Kassenbon-Ausgabepfllicht hatte kürzlich zu massiven Protesten nicht nur wegen der damit einhergehen den Papierflut, sondern auch zu Warnungen vor einem massiven bürokratischen Aufwand für Betriebe geführt. Dem schloss sich auch Wirtschaftsminister Altmaier an. In einem Brief an Finanzminister Olaf Scholz (SPD), über den zunächst die „Bild“-Zeitung berichtet hatte, warnte der CDU-Politiker, allein die Supermarktkette Rewe rechne mit einer Steigerung des „Papiereinsatzes an ihren Kassen von 40 Prozent oder rund 140.000 Kilometern zusätzlicher Kassenbons im Jahr“. „Im gesamten Handel werden Milliarden zusätzlicher Bons gedruckt und in den allermeisten Fällen direkt im Müll landen“, kritisierte Altmaier. Da der Handel seine Kassen bis September 2020 auf manipulationssichere Systeme umrüsten müsse, sei die Bon-Pflicht mit Blick auf die Vermeidung von Steuerbetrug zudem „nicht plausibel“.

„Wir sollten daher als Bundesregierung handeln mit dem Ziel, die Belegausgabepflicht komplett abzuschaffen“, forderte der Wirtschaftsminister. Als erster Schritt sollten alle bestehenden Möglichkeiten genutzt werden, um „in möglichst vielen Fällen“ einen Verzicht auf die Pflicht zu erreichen; darauf, dass für Ausnahmen eine sachliche oder persönliche Härte bestehen müsse, solle verzichtet werden.

Unterstützung bekam Altmaier von der FDP-Fraktion, die letzte Woche im Bundestag schon einen Gesetzentwurf zur Verhinderung einer Bon-Pflicht für Bäcker eingebracht hatte. Altmaier habe die „volle Unterstützung der FDP, Mittelständler und Handwerker vor diesem Bürokratie-Monster zu schützen“, sagte Fraktionsvize Michael Theurer. Viele Bäckereien, Metzgereien und kleine Händler müssten sich zum kommenden Jahr „auf einen Berg an Bürokratie einstellen“, beklagte Ko-Fraktionsvize Christian Dürr. „Die FDP-Fraktion hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der genau das verhindern soll – Union und SPD müssen nur zustimmen.“

Die SPD-Fraktion bezeichnete es hingegen als „unverantwortlich, wenn der Staat sich weiterhin Milliardensummen durch die Lappen gehen lassen würde“. Gemessen an diesem Ziel sei die Kassenbon-Pflicht ein „verhältnismäßiges Mittel“, erklärte Fraktionsvize Achim Post. „Wenn es ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung gibt, dann ist man es den ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern schuldig, dieses Mittel auch anzuwenden.“ Momentan seien es zudem „die ehrlichen Einzelhändler, die einen Wettbewerbsnachteil dadurch erleiden, dass sich einige schwarze Schafe der Branche durch Steuerhinterziehung einen Wettbewerbsvorteil verschaffen“.

Zuvor hatte bereits der neue SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans gegen die Abschaffung der Bon-Pflicht ausgesprochen. Als früherer SPD-Finanzminister in NRW hatte sich Walter-Borjans für die Einführung der Bon-Pflicht stark gemacht.