Generika

Kassen wollen keine zu hohen Rabatte Alexander Müller, 21.01.2010 14:55 Uhr

Berlin - 

Je schmaler der Generikamarkt außerhalb der Rabattverträge wird, desto härter wird der Konkurrenzdruck bei den Ausschreibungen. Bei der Techniker Krankenkasse (TK) hat ein Hersteller möglicherweise sogar mit Dumping-Preisen geboten, der Fall liegt bei der Vergabekammer. Auch in anderen Ausschreibungen bezichtigen sich die Hersteller hinter vorgehaltener Hand gegenseitig, mit roten Zahlen zu rechnen. Die Kassen halten das für übertrieben.

„Wir prüfen jedes Angebot. Wenn der gewährte Rabatt deutlich höher als der des Zweitplatzierten ist oder der durchschnittliche Marktpreis massiv unterschritten wird, schreiben wir die Firma an“, sagte Dr. Christopher Hermann, der bei der AOK für die Rabattverträge zuständig ist, gegenüber APOTHEKE ADHOC. Bei der aktuellen Ausschreibung habe es eine Vielzahl solcher Interventionen gegeben. Die Hersteller müssen dann ihre Kalkulation offenlegen und nachweisen, dass ihre Angebote auskömmlich sind.

Den Unternehmen bleibt keine Wahl: „Es hat Ausschlüsse von Bestbietenden gegeben aufgrund der Nichtbekanntmachung ihrer Kalkulation. Ohne Kostentransparenz erhärtet sich natürlich der Eindruck, dass jemand Dumping-Angebote gemacht hat“, so Hermann. Dazu sei es aber nur in einer Handvoll Fälle gekommen. Die AOK hatte eigens eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingeschaltet, die bei den Unternehmen auch nachgehakt hat. „Es ist verständlich, dass die Hersteller nicht über das notwendige Maß Geschäftsgeheimnisse offen legen“, so Hermann.

Aus Sicht der Hersteller sind die Kontrollen Augenwischerei: „Bei diesen Prüfungen gibt es eine relativ große Grauzone“, sagte Peter Schmidt, Geschäftsführer vom Branchenverband Pro Generika. Mit anderen Worten: Am Ende zählt, ob die Kasse dem Unternehmen seine Zahlen glaubt. „Es wäre bürokratischer Wahnsinn, wenn die Krankenkassen sämtliche Lieferbeziehungen überprüfen würden“, so Schmidt. Deshalb ist er sich sicher: „Es gibt eine ganze Reihe unbeanstandeter Dumping-Angebote von Unternehmen, die Vertragspartner geworden sind.“

Tatsächlich sind die Kassen nicht verpflichtet, Dumping-Anbieter auszuschließen. Doch aus Hermanns Sicht würde sich die AOK damit selbst schaden: „Es kann auch nicht in unserem Interesse sein, den Markt zu bereinigen.“ Grob wettbewerbswidriges Verhalten werde die Kasse deshalb nicht mitmachen. „Das wirft ein schlechtes Licht auf uns“, so Hermann. Andererseits sei man auch nicht für die Nettogewinnmargen der Hersteller verantwortlich.

Misstrauisch war die Branche zuletzt bei der vierten Ausschreibung der AOK geworden, als die Bietergemeinschaft aus Ratiopharm, CT und AbZ (alle Merckle-Gruppe) bei knapp der Hälfte der 76 Wirkstoffe in allen fünf Losgebieten den Zuschlag erhalten hatte. Hermann stellt klar: „Ratiopharm hat sich absolut korrekt verhalten.“ Der Konzern habe sich vor dem Hintergrund der laufenden Verkaufsgespräche „ins Zeug gelegt“, so der AOK-Rabattchef. Zweifel an der Auskömmlichkeit der Angebote gebe es keinesfalls. „Die haben mit absolut offenen Karten gespielt.“

Letztlich wird der Markt zeigen, ob Generikahersteller der Rabattschlacht zum Opfer fallen. Zuerst dürfte es kleinere und mittelständische Unternehmen treffen, die etwaige Verluste nicht im internationalen Geschäft ausgleichen oder durch OTC-Umsätze abfedern können.