Ärzte für Dispensierrecht und gegen Kompetenzausbau

„Kann niemandem empfehlen, sich in der Apotheke impfen zu lassen“ 13.10.2025 13:39 Uhr

Berlin - 

Kürzlich hatte sich bereits der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Westfalen-Lippe für ein Dispensierrecht ausgesprochen. Begründet wurde dies unter anderem mit dem Argument, dass vor allem in ländlichen Regionen Patient:innen Probleme hätten, nach der Notfallsprechstunde zur nächsten Notdienstapotheke zu kommen. Auch der Ärzteverband Medi Baden-Württemberg fordert ein Dispensierrecht – und greift die Pläne für die Apothekenreform scharf an.

Mehr Befugnisse für Apotheken seien laut Medi der falsche Weg, Arztpraxen würden so kaum entlastet. Stattdessen bräuchte es Entlastung durch Bürokratieabbau, die Entbudgetierung und eine effizientere Digitalisierung – und eben ein Dispensierrecht für niedergelassene Ärzt:innen im Bereitschaftsdienst und Notdienst, „um die Handlungsfähigkeit zu stärken und die Versorgung – insbesondere in ländlichen Regionen – zu verbessern“.

Dass in den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für die Apothekenreform vorgesehen ist, dass Apotheker:innen bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne ärztliche Verordnung abgeben können sollen, stößt auf Kritik. „Es kann nicht sein, dass Apotheken künftig eigenverantwortlich Medikamente verordnen und damit einen wesentlichen Teil ärztlicher Behandlung übernehmen – ohne die Patientinnen und Patienten sowie deren medizinischen Befunde zu kennen. Das ist vielleicht gut gemeint, entlastet aber weder die Praxen noch verbessert es die Versorgung“, so Medi-Vorsitzender Dr. Norbert Smetak.

„Mit einem Dispensierrecht könnten wir unsere Patientinnen und Patienten schneller und direkter versorgen – insbesondere in ländlichen Regionen. Gleichzeitig würden wir die Apotheken entlasten. Das wäre eine sinnvolle und praxisnahe Kompetenzverlagerung“, so der Kardiologe weiter.

Engpässe: „Dispensierrecht vereinfacht Prozesse“

Dr. Stefan Reschke, stellvertretender Sprecher des Nachwuchsprogramms Young Medi und niedergelassener Hausarzt, ergänzt: „Viele Medikamente sind derzeit gar nicht lieferbar. Das führt zu ständigem Abstimmungsaufwand mit Apotheken und Patientinnen und Patienten. Ein Dispensierrecht für uns Ärztinnen und Ärzte würde die Prozesse deutlich vereinfachen. Wenn Apotheken künftig Medikamente verordnen dürfen, muss im Gegenzug auch das Dispensierrecht für Praxen gelten. Das darf keine Einbahnstraße sein.“

Auch die geplanten Ausweitungen des möglichen Impfangebotes und der Präventionsleistungen durch Apotheken lehnt der Ärzteverband entschieden ab. „Prävention gehört in die Arztpraxen – denn nur dort sind medizinische Einordnung, fundierte Diagnostik und eine gezielte Therapie möglich. Zudem sind Apotheken bei möglichen Impfkomplikationen nicht in der Lage, adäquat zu reagieren. Ich kann niemandem empfehlen, sich in der Apotheke impfen zu lassen“, warnt Smetak.