Porträt

Kampferprobter Kostensparer Désirée Kietzmann, 22.02.2008 19:21 Uhr

Berlin - 

Am vergangenen Freitag gab Dr. Rainer Hess, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) bekannt, dass auch Typ-1-Diabetiker kurzwirksame Insulinanaloga künftig nur noch in Ausnahmefällen erhalten. Mit der Entscheidung, die chemisch modifizierten Insuline für Typ-2-Diabetiker auf Grund ihres zu hohen Preises aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen zu streichen, hatten Hess und sein Gremium im Jahr 2006 Neuland betreten. Zum ersten Mal in der bis dahin zweieinhalb-jährigen Geschichte des G-BA war die Unwirtschaftlichkeit das Zünglein an der Waage.

Organisationen im Gesundheitswesen sind seit jeher das Beschäftigungsfeld von Hess. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften stieg der geborene Frankfurter als Justitiar des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte ein. Nur zwei Jahre später wechselte er in die gemeinsame Rechtsabteilung von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV). Bis Hess schließlich am 1. Januar 2004 den unparteiischen Vorsitz des G-BA übernahm, war er 15 Jahre als Hauptgeschäftsführer der KBV tätig. Seinen Doktortitel erwarb Hess im Steuerrecht.

Im Rahmen seiner Tätigkeit als G-BA-Vorsitzender hat der heute 67-jährige Hess schon einige Machtkämpfe mit der Politik hinter sich. Dabei hatte er auch vielfältig Gelegenheit, seine juristischen Erfahrungen einzusetzen. So hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im April 2005 den Richtlinienentwurf des G-BA zur Enteralen Ernährung beanstandet und vier Monate später durch eine eigene so genannte Ersatzvornahme ersetzt. Auf eine Klage des G-BAs hin erklärte das Sozialgericht Köln die Beanstandung des Ministeriums Anfang letzten Jahres für rechtswidrig.

Bereits 2004 hatte der G-BA eine Nutzenbewertung von Clopidogrel beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Auftrag gegeben. Da das BMG den Beschluss des G-BA Anfang letzten Jahres aus formalen Gründen beanstandet hatte, konnte das Antikoagulanz erst im Februar 2008 aus dem Leistungskatalog der GKV gestrichen werden. Hess zeigte sich am Freitag in Berlin verärgert: „Es ist traurig, dass Entscheidungen so lange dauern, bis sie rechtskräftig sind.“