Westfalen-Lippe

Kammer: Positivliste für Zyto-Apotheken APOTHEKE ADHOC, 26.04.2018 15:14 Uhr

Berlin - 

Als Reaktion auf den Bottroper Zytostatikaskandal haben die Zytostatika herstellenden Apotheken in Nordrhein-Westfalen eine verbindliche, öffentliche Erklärung entwickelt, in der sie sich zur Einhaltung der Herstellungsvorschriften verpflichten. Die Erklärung wurde bei den 5. Münsteraner Gesundheitsgesprächen der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) vorgestellt wurde. In Kürze soll eine Liste der diese Erklärung beigetretenen Apotheken auf der Internetseite der Kammer veröffentlicht werden.

Nach Angeben der Kammer haben bereits nach wenigen Tagen etwa die Hälfte der rund 60 Zyto-Apptheken in NRW die Selbstverpflichtung unterschrieben. „Bei unserer Arbeit beachten wir stets die gesetzlichen Vorgaben und Qualitätsstandards zur Herstellung. Das am Herstellungsprozess beteiligte Fachpersonal bilden wir regelmäßig fort. So wird der Herstellungsprozess immer auf dem neuesten Stand von Wissenschaft und gesetzlichen Vorgaben durchgeführt. Auch durch die aktuell verabschiedete, interprofessionelle Leitlinie der Onkolog/innen und Apotheker/innen wird die Versorgungsqualität konsequent sichergestellt“, heißt es darin.

Die Apotheken verpflichten sich, „dass wir jederzeit das Vier-Augen-Prinzip bei der Herstellung von Zytostatika-Lösungen konsequent einhalten. Wir haben Maßnahmen entwickelt, mit denen wir dafür Sorge tragen, dass auch bei personellen Engpässen dieses Vier-Augen-Prinzip sichergestellt wird.“ Zudem wird eine Durchschrift der Herstellungsdokumentation dem verordnenden Arzt zur Verfügung gestellt. Diese soll in die Patientenakte aufgenommen werden. Darin werden alle am Herstellungsprozess beteiligten Personen benannt. Auf Nachfrage können die Apotheken jederzeit einen transparenten und plausiblen Überblick über die bezogenen und verwendeten Ausgangsstoffe und deren Dokumentation geben können.

Die Erklärung wurde in Zusammenarbeit mit den Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, dem Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA), der Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP) sowie den Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe entwickelt. Gibt eine Zytostatika herstellende Apotheke die Erklärung nicht ab, wollen die Kammern nachhaken, warum sie dies nicht tun.

Unter dem Namen „Beag“ haben sich inzwischen Betroffene des Zyto-Skandals in Bottrop zu einem Verein zusammengeschlossen. Der Name steht für Beobachten, Erkennen, Aufdecken im Gesundheitswesen. Zu den Initiatoren gehört der Whistleblower Martin Porwoll, der durch seine Anzeige den Zyto-Skandal öffentlich machte. Porwoll hat auch an der Erklärung mitgearbeitet. Der Verein richtet sich an Betroffene und an Menschen, die von Missständen im Gesundheitswesen wissen. Letztere wüssten oft nicht, an wen sie sich wenden könnten, da die traditionellen Patientenschutzvereine diesen Bereich nicht abdeckten. „Wir haben uns oft im Stich gelassen gefühlt“, sagt Porwoll über die Erfahrungen der Betroffenen des Zyto-Skandals.

Die Alte Apotheke ist laut Porwoll nicht der einzige Skandal. „Wir wollen die Taschenlampe sein, die in die dunklen Ecken scheint.“ Thematisch ist Beag breit aufgestellt, auch der Pflegebereich und Umweltschutz, etwa bei gesundheitsschädlichen Belastungen, gehören zum Einsatzgebiet. Als Verein würden die Aktivisten als Gesprächspartner ernster genommen, zum Beispiel wenn es darum geht, die Einhaltung von Versprechen nachzuverfolgen.

Porwoll war kaufmännischer Leiter in der Alten Apotheke und kannte den Inhaber S. bereits seit Kindertagen. Als im Winter 2014 zwei Kolleginnen kündigen, erfährt er von den Gerüchten, dass S. Krebsmedikamente unterdosieren soll. Im Januar 2016 sucht er aus den Unterlagen alle Rezepte für das Medikament Opdivo heraus, rechnet zusammen und vergleicht mit den Einkaufsbelegen. Es fehlen 36.000 Milligramm, das sind mehr als zwei Drittel.