„Wir fühlen uns verarscht“

Honorarkürzung: Apotheken wollen aussteigen Cynthia Möthrath, 24.06.2021 10:51 Uhr

Apotheker Ulf Brenne aus Oberhausen bringt den Zorn seiner Kolleg:innen auf den Punkt – er will das Angebot des digitalen Impfnachweises künftig reduzieren und nur noch für Stammkund:innen anbieten. Foto: Privat
Berlin - 

Die digitalen Impfzertifikate halten die Apothekenteams in Atem und sorgen für erheblichen Mehraufwand – mitten im Geschehen soll zum 1. Juli die Vergütung auf ein Drittel gekürzt werden. Das sorgt bei vielen Apotheken für Unmut und Frust. In Oberhausen wollen einige Kolleg:innen daher das Angebot einschränken oder gänzlich streichen, wie Ulf Brenne, Inhaber der Fortuna-Apotheke und Kreisvertrauensapotheker der Region Oberhausen, erklärt.

Insgesamt gibt es in Oberhausen 43 Apotheken – etwa 40 davon seien Mitglied im Landesapothekerverband (LAV) und würden somit seit vergangener Woche die digitalen Impfzertifikate ausstellen, erklärt Brenne. Er ist nicht nur Vertrauensapotheker und Inhaber, sondern auch stellvertretender Vorsitzender des Apothekerverbandes Essen/Mülheim/Oberhausen und Pressesprecher des Verbandes für die Region Oberhausen. Wie viele andere empfand auch er den Start als „absolute Katastrophe“: Es sei nichts möglich gewesen, die Impfausweise hätten sich gestapelt und seien schließlich im Nachgang abgearbeitet worden.

Nur wenige Tage später kam dann die große Klatsche: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gab bekannt, dass das Honorar der Apotheken von 18 auf 6 Euro gekürzt werden soll. „Das deckt nicht mehr unsere Kosten – wir fühlen uns von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verarscht“, macht Brenne deutlich und spricht damit auch für seine Kolleg:innen. Den höheren Betrag dann noch als „Anreiz“ für die Apotheken zu verkaufen, macht den Apotheker wütend.

Das Problem sei vielfältig: Zum einen müsse mindestens eine Angestellte extra für die Ausstellung abgestellt werden, zum anderen sei der Beratungsaufwand extrem hoch. „Wir müssen vor allem den Älteren erklären, wie sie die App herunterladen und den Code einscannen – das ist nicht in fünf Minuten erledigt“, meint Brenne. So komme jede Menge Erklärarbeit auf die Apotheken zu – pro Kunde könnten da schon mal Beratungen von 20 bis 30 Minuten entstehen. Ein weiterer Aspekt sei die Betriebshaftpflicht zur Absicherung. „Wir mussten die Versicherung aufstocken, denn am Ende haften wir ja, wenn bei den Daten später etwas falsch ist und der Kunde am Flughafen den Urlaub nicht antreten kann.“

Brenne will das Angebot zum 1. Juli deshalb stark einschränken. „Wir machen es dann nur noch für Stammkunden oder Patienten, die uns die Arztpraxis von gegenüber rüberschickt.“ Um das Angebot für jedermann weiter anbieten zu können, sei die Vergütung schlichtweg nicht hoch genug. Plakate, die auf die Ausstellungsmöglichkeit in der Apotheke hinweisen, will Brenne dann entfernen. Derzeit laufe das Portal halbwegs stabil. Nur vereinzelt kämen Fehlermeldungen, die meist durch eine erneute Eingabe der Daten behoben werden können – doch auch das kostet Zeit.

Die Ärzteschaft im Raum Oberhausen wird laut Brenne frühestens erst Mitte Juli in der Lage sein, die QR-Codes zu erstellen, da die Hard- und Software-Voraussetzungen noch nicht geschaffen sind. „Die Ärzte hoffen natürlich, dass bis dahin der große Ansturm von den Apotheken abgearbeitet wurde“, erklärt der Apotheker. „Aber nicht für 6 Euro!“